Guten Abend zusammen,
im Blog und im Kurier habe ich gerade eine Zusammenfassung des Jahresplans 2013/14 der Wikimedia Foundation veröffentlicht – mit herzlichem Dank für die Zuarbeit an Cornelius Kibelka, der leider morgen seinen letzten Arbeitstag in der Stabsstelle Internationales hat und ins Ausland verschwindet.
Blog: http://blog.wikimedia.de/2013/08/29/straffer-und-fokussierter-der-jahresplan... Kurier: https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Kurier/Edit#Der_Jahresplan_2013.2F14...
Es folgt der Blogbeitrag im Volltext, für hübsche Bilder und Links bitte ich euch, ein Haus weiter zu klicken.
Fragen zum Plan und Feedback zur Zusammenfassung könnt ihr gerne an mich richten.
Beste Grüße Nicole
Straffer und fokussierter: Der Jahresplan der Wikimedia Foundation 2013/14
Die Wikimedia Foundation hat Anfang Juli ihren Annual Plan 2013/14 (PDF) herausgegeben – das wichtigste Dokument, um die Arbeit der Stiftung zu verstehen und um nachvollziehen zu können, was im kommenden Geschäftsjahr ansteht. Aus diesem Plan lässt sich erkennen, was technisch und politisch auf alle Beteiligten im Wikimedia-Universum zukommt: Nicht nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Foundation, sondern auch für die Chapter und die Communities. Er beeinflusst damit direkt die Arbeit aller Wikimedi- und -pedianer.
Vier Prioritäten
Im Oktober 2012 beschloss das Board of Trustees, das aufsichtsführende Gremium der Wikimedia Foundation, eine neue Priorisierung (pdf, siehe auch die Meta-Seite für ausführlichere Informationen) für die Arbeit Stiftung: In Zukunft sollten ihre Aktivitäten auf die technische Unterstützung und Weiterentwicklung, sowie die internationalen Community-Förderungen beschränkt werden. Projekte außerhalb dieses Fokus sollten eingestellt oder zumindest stark heruntergefahren werden. Diese Veränderung wurde unter dem Titel „Narrowing Focus” (zu Deutsch etwa „Fokussierung” oder „Schwerpunktsetzung”) bekannt und wird in diesem Jahresplan erstmals deutlich erkennbar.
Die vier Kernprioritäten der Arbeit der Wikimedia Foundation für 2013/14 sind die Weiterentwicklung des VisualEditors, die Aktivitäten für Gewinnung neuer Autoren bzw. Förderung bereits aktiver Autoren (“Editor Engagement”), die Anpassung der Projektplattformen für die Nutzung mit mobilen Geräten (“Mobile”) sowie die internationalen Förderungen (“Grantmaking”).
Neuerungen im technischen Bereich
Im technischen Bereich zeigt die Stiftung weiterhin sehr starkes Engagement. Bisher sind die Aufgaben in der Abteilung “Product and Engineering” gebündelt. Um hier bessere Abläufe und Ergebnisse zu erhalten, wird die Abteilung in zwei eigenständige Bereiche aufgeteilt, die jeweils eigene Leitungen erhalten. Bisher wird die gesamte Abteilung vom Erik Möller geführt.
Als sehr wichtiges Projekt – sowohl technisch wie auch für die Projekt-Communities – sieht die Foundation die Weiterentwicklung des VisualEditors. Mithilfe dessen sollen vor allem viele neue Nutzerinnen und Nutzer an die Wikipedia herangeführt und motiviert werden, sich zu beteiligen. Die Entwicklung des VisualEditors soll zum Ende des Jahres abgeschlossen werden und die neue Oberfläche soll dann in allen Wikimedia-Projekten zum Einsatz kommen.
Doch dies wird nicht die letzte große technische Änderungen sein: Bis Mitte 2014 soll das neue Diskussionsseiten-System namens „Flow” eingeführt werden. Und bereits danach sollen weitere Änderungen kommen, die vage angedeutet werden: der VisualEditor soll erweitert werden, so dass kollaboratives Schreiben in Echtzeit möglich ist, vergleichbar mit der Nutzung eines Etherpad. Auch soll es projektinterne Chatfunktionen sowie eine Umgestaltung der Benutzerprofile geben.
Verstetigung der Förderprogramme
Ein weiterer Schwerpunkt der Stiftungsarbeit sind die Förderprogramme (“Grantmaking”), die stark ausgebaut werden sollen. Hierzu werden die finanziellen Ressourcen beträchtlich aufgestockt: Von 6,2 Millionen Euro (2012/13) auf 8 Millionen Euro (2013/14). Mit diesem Geld sollen, wie auch bisher, die unterschiedlichen Gruppen und Menschen der Bewegung unterstützt werden (von der Übernahme von Reisekosten von Communitymitgliedern über konkrete Projektförderung bis hin zur Förderung ganzer Jahrespläne der großen Chapter).
Verbunden mit diesen großen Summen an Geld sieht die Foundation auch die Notwendigkeit, stets die Wirkung (“Impact”) der Förderungen zu hinterfragen und diese zu evaluieren. Speziell wurde in diesem Jahr unter Leitung von Frank Schulenburg eines kleines Evaluationsteam aufgebaut, das mit den Beteiligten geeignete Metriken und Werkzeuge zur stetigen Verbesserung der Programme finden soll. Zudem sieht die Foundation die Chance, mit den Förderungen “Best Practices” zu den Themen Movement Governance, effektiver Führung (effective leadership) und organistorischer Effektivität (organizational effectiveness) zu erstellen.
Innerhalb der Förderprogramme hat sich die Foundation gleichzeitig einen Fokus auf die Länder der südlichen Hemisphäre („Global South“) gesetzt. Bereits in den letzten Jahren war die Stiftung in Brasilien und Indien aktiv, wobei die Erfolge eher gering gesät waren. Daher stellte Asaf Bartov, „Head of Global South Relationships”, auf der Wikimania die neue Förderstrategie für diese Länder vor: In Zukunft sollen nur noch Communities in Ländern unterstützt werden, die sehr aktiv sind oder bereits lokale Strukturen aufgebaut haben.
Weiterer Schwerpunkt ist die Erstellen und Begleitung einer Strategie, die ungleiche Verteilung der Geschlechterverhältnisse innerhalb der Wikimedia-Projekte zu verringern. Über Programme und finanzielle Förderung sollen mehr weibliche Projektaktive zum Mitmachen motiviert werden.
Finanzen und Belegschaft
Während 2012/13 mit Einnamen von 50,9 Mio. USD gerechnet wurde, sollen es im kommenden Geschäftsjahr 50,1 Mio. sein. Auf der Ausgabenseite standen damals 32,3 Mio. USD für das Kerngeschäft der WMF und 6,2 Mio. für Grants. In 2013/14 sind 42,1 Mio. USD für die Foundation und 8 Mio. USD für Movement-Grants vorgesehen. Im letzten Jahr wurden die WMF-Reserven um 12,4 Mio. USD aufgestockt, 2013/14 kommen keine neuen Reserven hinzu.
Bis Ende des aktuellen Geschäftsjahres werden bei der Foundation 167 Personen arbeiten, für das nächste Jahr sollen es 192 werden; 115 davon im Product and Engineering, 26 im Grantmaking und 51 in weiteren Positionen.
Risiken und Nebenwirkungen
Der Hauptteil des Jahresplans befasst sich ausführlich mit den vorgenannten Schwerpunkten. Besonders aufschlussreich ist jedoch der Anhang (Appendix), indem die Foundation auf verschiedene Herausforderungen und Risiken eingeht und so Bewusstsein für die vielfältigsten “Bedrohungspotentiale” zeigt. Das fängt bei der Personalknappbheit im Silicon Valley an, geht über Risiken für die Wikipedia-Communities (Zahl der Autoren sinkt weiter, die Communities verhalten sich konservativ gegenüber Neuerungen), über rechtliche Problematiken im internationalen Kontext bis hin zu zur Frage, wie die Struktur der Wikimedia-Bewegung aussehen soll.
Gerade im Anhang wird deutlich, welche Dimensionen die Wikimedia-Projekte inzwischen erreicht haben. Wikipedia steht nicht nur für das Erstellen eines Enzyklopädie als solcher, sondern gilt als Vorzeigeprojekt für Freies Wissen und Freie Inhalte im Allgemeinen und berührt so ein viel breiteres Spektrum an politischen und gesellschaftlichen Aspekten.
Und nun?
Nach dem Lesen des Jahresplans wird deutlich, dass die Foundation nun eine klare Richtung einschlägt: Mehr Autoren und mehr Inhalte sollen über den Ausbau der technischen Möglichkeiten einerseits und die lokalen Community-Förderungen andererseits gefunden werden. Der wachsenden Verantwortung für die großen finanziellen Ressourcen begegnet die Foundation mit dem Aufbau einer Evaluationsabteilung.
Für die Autoren der Wikimedia-Projekte werden vor allem die zahlreichen technischen Veränderungen in den nächsten Monaten prägend sein, viele Details werden sich ändern. Die Leser werden verstärkt angestoßen, sich bei Wikimedia-Projekten zu beteiligen, sowohl online (beispielsweise über das mobilie Editieren), wie auch offline (über die diversen lokalen Aktivitäten). Für die Ländervertretungen (Chapter) wiederum wird deutlich, dass ein Diskussionsprozess um ihre Rolle und ihre Aufgaben innerhalb der Bewegung ansteht, denn eine klare Vision, wie die gesamte Bewegung sich weiter organisieren und strukturieren soll, fehlt bisher.
Der Jahresplan findet sich als pdf-Datei in englischer Sprache im Wiki der Foundation, dort gibt es auch eine Sammlung der häufigsten Fragen und Antworten. Zudem gibt es ein Video von Sues Keynote auf der Wikimania, in der sie vor allem auf den Jahresplan einging. Die Übersetzung des Jahresplans in andere Sprachen, unter anderem auch Deutsch, soll demnächst zur Verfügung gestellt werden, wir geben Bescheid sobald diese veröffentlicht wird.