Hallo, Dimi,
vielen Dank für deinen ausführlichen und verständlich gegliederten Bericht.
Wir sollten im Rahmen dieser Mailingliste und bei verschiedenen Treffen in nächster Zeit
weiterhin die Probleme des Urheberrechts und der Lizenzen diskutieren. Ich finde es
schade, wenn auf Wikimedia Commons Massenlöschungen auch von Bildern österreichischer
Künstler stattfinden, deren Urheberrecht in Österreich schon längst erloschen ist. Auch
die Panoramafreiheit wird immer wieder in Frage gestellt und Fotoprojekte wie Wiki Loves
Monuments und Wiki Loves Public Art werden dadurch behindert.
Interessierte könnten sich mit dir und anderen Wikipedianerinnen und Wikipedianern aus
europäischen Ländern in Brüssel treffen, um die Situation vor Ort zu besprechen und
Fachleute kennenzulernen.
MfG
Beppo
-------- Original-Nachricht --------
Datum: Thu, 21 Feb 2013 11:10:28 +0100
Von: Dimitar Parvanov Dimitrov <dimitar.parvanov.dimitrov(a)gmail.com>
An: "Wikimedia Österreich" <vereinat-l(a)lists.wikimedia.org>
Betreff: [VereinAT-l] Copyright in the Digital Age: Reformable or obsolete? - AK Europa,
ÖGB Europabüro
Hallo an alle,
da uns das Urheberrecht angeht und ich gestern in Brüssel zu einer
gemeinsamen Diskussion des Arbeiterkammer Europa Büros und des ÖGB
Europa
Büro in Brüssel [1] war wollte ich hier auf der Vereinsliste mal einen
kurzen Bericht geben.
Es ging vor allem um die Vorstellung einer von der AK Wien in Auftrag
gegebenen Studie mit dem Titel "Kulturelle Produktion und Mediennutzung im
Alltag - Urheberrechtliche Problemfelder und politische
Lösungsperspektiven". [2] An der anschließenden Diskussion haben sich
Evelyn Regner (österreichisches MdEP der S&D Gruppe), Sonja Achinger
(Parlamentsabgeordnete), Sonja Angelo (Wirtschaftsexpertin
Arbeiterkammer),
Nikolaus Obrovsky (Europäische Kommission - GD Binnenmark und
Dienstleistungen) sowie Kostas Rossoglu (European Consumer Organisation)
und Christian Engström (Piratenpartei Schweden).
*Die Studie*
Es ist eine Studie die an alltäglichen, im privaten Raum vorkommenden
Fallbeispielen die Problemfelder des aktuellen Urheberrechts aufzeigt,
bzw.
dessen Distanz zur reellen Lebensumwelt des modernen Menschen.
Interessant ist die Studie als Referenzwerk für gute Beispiele und vor
allem dadurch, dass sie mutige Lösungsperspektiven vorschlägt. Diese
wären:
*Abschaffung Unterscheidung zwischen privater/öffentlicher Nutzung zu
gunsten einer Unterscheidung zwischen nicht-kommerzieller und
kommerzieller Nutzung
*Transformative Nutzung grundsätzlich erlauben
*Verwaisung der Werke unmöglich machen (Werke müssen registriert und
Urheberrecht muss periodisch erneuert werden, i.e. use-it-or-lose-it)
*Öffentlich finanzierte Werke sollten nach einer kurzen Phase ihrer
Hauptverwertung rasch öffentlich und kostenlos zugänglich gemacht werden
*die Schranken des Urheberrechts müssen durchsetzungsstark gemacht werden
*Die Diskussion*
Viel Neues wurde nicht berichtet, eigentlich wurden nur Argumente und
Punkte wieder abgespult, die schon tausende Male gefallen sind.
Interessant fand ich die Position von Evelyn Regner (MdEP), die gmeint
hat,
dass sie am Anfang sehr optimistisch war eine große und weitreichende
Reform durchzubringen, aber realistisch gesehen - nach der massiven
Lobbyinganstrengungen seitens der Wirtschaft - es jetzt nur noch darum
gehen kann eine einebetonierung der aktuellen Probleme zu verhindern.
Es wurden natürlich noch die Pauschalabgaben (Urheberrechtsabgaben)
heftigst kritisiert, ohne dass ich den Eindruck hatte, jemand wird jetzt
echt dagegen vorgehen.
Nikolaus Obrovski aus der Kommission hat nochmals bestätigt, dass diese
weiterhin vor hat einen neuen Gesetzesvorschlag zur Urheberrechtsdirektive
spätestens Anfang nächsten Jahres zu vorzustellen.
*Anschließende Gespräche/Networking*
Es besteht eine fast einstimmige Erkenntnis darüber, dass das heftigste
Argument für eine Beibehaltung und Stärkung des aktuellen Urheberrechts
ist, dass die digitale Wirtschaft um das Siebenfache schneller wächst als
der Rest der Ökonomie. Die Wirtschaftslobbies scheinen eine Superleistung
zu bringen indem sie dieses Wachstum auf das Urheberrecht zurückführen
(Copyright is Creativity; Copyright is Growth).
Die Ideen gehen dahin, dass NGOs und Vertreter von mehr Freiheiten beim
Kopieren, ebenfalls wirtschaftlich argumentieren sollten, etwa im Stile,
dass des jetzige Urheberrecht die Innovation und den Wirtschaftswachstum
sogar bremst.
*Weitere Informationen*
Teile dieses Berichts werden demnächst im EU Policy Portal auf Meta
erscheinen. [3] Ich versuche dort mit anderen Interessierten ein
Monitoring
der für uns relevanten Gesetzesänderungen aufzubauen. Jeder ist
natürlich
willkommen mitzumachen.
Alles Gute aus Brüssel,
Dimi
Links
[1]
http://www.akeuropa.eu/en/ak-europa-oegb-europabuero-panel-discussion-copyr…
[2]
http://neuebuecher.de/kategorie/wirtschaft-und-recht/recht/?search[erschein…
[3]
http://meta.wikimedia.org/wiki/EU_Policy