Hallo an alle,

da uns das Urheberrecht angeht und ich gestern in Brüssel zu einer gemeinsamen Diskussion des Arbeiterkammer Europa Büros und des ÖGB Europa Büro in Brüssel [1] war wollte ich hier auf der Vereinsliste mal einen kurzen Bericht geben.

Es ging vor allem um die Vorstellung einer von der AK Wien in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel "Kulturelle Produktion und Mediennutzung im Alltag - Urheberrechtliche Problemfelder und politische Lösungsperspektiven". [2] An der anschließenden Diskussion haben sich Evelyn Regner (österreichisches MdEP der S&D Gruppe), Sonja Achinger (Parlamentsabgeordnete), Sonja Angelo (Wirtschaftsexpertin Arbeiterkammer), Nikolaus Obrovsky (Europäische Kommission - GD Binnenmark und Dienstleistungen) sowie Kostas Rossoglu (European Consumer Organisation) und Christian Engström (Piratenpartei Schweden).

Die Studie
Es ist eine Studie die an alltäglichen, im privaten Raum vorkommenden Fallbeispielen die Problemfelder des aktuellen Urheberrechts aufzeigt, bzw. dessen Distanz zur reellen Lebensumwelt des modernen Menschen.

Interessant ist die Studie als Referenzwerk für gute Beispiele und vor allem dadurch, dass sie mutige Lösungsperspektiven vorschlägt. Diese wären:

*Abschaffung Unterscheidung zwischen privater/öffentlicher Nutzung zu gunsten einer Unterscheidung zwischen nicht-kommerzieller  und kommerzieller Nutzung
*Transformative Nutzung grundsätzlich erlauben
*Verwaisung der Werke unmöglich machen (Werke müssen registriert und Urheberrecht muss periodisch erneuert werden, i.e. use-it-or-lose-it)
*Öffentlich finanzierte Werke sollten nach einer kurzen Phase ihrer Hauptverwertung rasch öffentlich und kostenlos zugänglich gemacht werden
*die Schranken des Urheberrechts müssen durchsetzungsstark gemacht werden

Die Diskussion
Viel Neues wurde nicht berichtet, eigentlich wurden nur Argumente und Punkte wieder abgespult, die schon tausende Male gefallen sind.

Interessant fand ich die Position von Evelyn Regner (MdEP), die gmeint hat, dass sie am Anfang sehr optimistisch war eine große und weitreichende Reform durchzubringen, aber realistisch gesehen - nach der massiven Lobbyinganstrengungen seitens der Wirtschaft - es jetzt nur noch darum gehen kann eine einebetonierung der aktuellen Probleme zu verhindern.

Es wurden natürlich noch die Pauschalabgaben (Urheberrechtsabgaben) heftigst kritisiert, ohne dass ich den Eindruck hatte, jemand wird jetzt echt dagegen vorgehen.

Nikolaus Obrovski aus der Kommission hat nochmals bestätigt, dass diese weiterhin vor hat einen neuen Gesetzesvorschlag zur Urheberrechtsdirektive spätestens Anfang nächsten Jahres zu vorzustellen.

Anschließende Gespräche/Networking
Es besteht eine fast einstimmige Erkenntnis darüber, dass das heftigste Argument für eine Beibehaltung und Stärkung des aktuellen Urheberrechts ist, dass die digitale Wirtschaft um das Siebenfache schneller wächst als der Rest der Ökonomie. Die Wirtschaftslobbies scheinen eine Superleistung zu bringen indem sie dieses Wachstum auf das Urheberrecht zurückführen (Copyright is Creativity; Copyright is Growth).
Die Ideen gehen dahin, dass NGOs und Vertreter von mehr Freiheiten beim Kopieren, ebenfalls wirtschaftlich argumentieren sollten, etwa im Stile, dass des jetzige Urheberrecht die Innovation und den Wirtschaftswachstum sogar bremst.

Weitere Informationen
Teile dieses Berichts werden demnächst im EU Policy Portal auf Meta erscheinen. [3] Ich versuche dort mit anderen Interessierten ein Monitoring der für uns relevanten Gesetzesänderungen aufzubauen. Jeder ist natürlich willkommen mitzumachen.


Alles Gute aus Brüssel,
Dimi  


Links
[1] http://www.akeuropa.eu/en/ak-europa-oegb-europabuero-panel-discussion-copyright-in-the-digital-age.html?cmp_id=35&news_id=1559
[2] http://neuebuecher.de/kategorie/wirtschaft-und-recht/recht/?search[erscheinungszeitraum]=week&search[pos]=20&vlbid=0-4252814
[3] http://meta.wikimedia.org/wiki/EU_Policy