[Wikide-l] Limbo

Rainer Zenz rainerzenz at web.de
Mi Nov 18 12:53:22 UTC 2009


Am 18.11.2009 um 02:01 schrieb Kurt Jansson:

> Man kann viel mutmaßen, welche Folgen eine Abschaffung  
> nichtangemeldeter
> Bearbeitungen hätte. Probiert hat es meines Wissens nach noch keine  
> Wikipedia.
> Ich bin stark dafür, es einmal für einen beschränkten Zeitraum  
> auszuprobieren,
> sagen wir für einen Monat. Mehr noch als auf eine statistische  
> Auswertung wäre
> ich dann auf die Erfahrungsberichte der Sichter, der  
> Eingangskontrolle, der
> Mentoren, der QS und der LK-Diskutanten gespannt.

Das halte ich für die einfachste Variante und unbedingt einen Versuch  
wert.

In der Vorbereitung müsste eine Seite erstellt werden, in der der  
Versuch begründet wird (Hauptgrund: Kommunikationsmöglichkeit).  
Betont werden muss dort, dass Änderungsvorschläge aller Art auf den  
Artikeldiskussionsseiten unangemeldet gemacht werden können.  
Ergänzend braucht es eine dort verlinkte Seite, die möglichst einfach  
die Anmeldung erklärt und deren Folgen, dazu eine wirklich knappe  
Zusammenfassung der grundlegenden Richtlinien und Verfahren.

Ich würde so etwas auf mindestens einen Monat anlegen, eher auf drei.  
Gut wäre es, die Sache mit einer kurzen, freiwilligen Umfrage zu  
ergänzen.

Am 18.11.2009 um 11:59 schrieb Liesel:

> Ich würde vermuten, dass sich der eine oder andere der bisher als IP
> mitarbeitet, seine Mitarbeit einstellt oder sich mit Wegwerf-Accounts
> über Wasser hält.
>
> Zweites hätte jedoch den negativen Aspekt, dass alle neuen Accounts
> scheel angeschaut werden und bei einem falschen Wort gesperrt werden.
>
> Die englische WP hat ja gezeigt, das es zu einem starken Anstieg von
> neuen Accounts gekommen ist. Mit einem Account ist jedoch noch lange
> keine permanente Mitarbeit verbunden. Hier wird nur versucht ein  
> Problem
> zu bekämpfen in dem man an den Symptomen rumdoktert.

Es wird damit nur *ein* Problem bekämpft oder versucht, es zu  
bekämpfen, nicht alle, die anstehen. Ich glaube ehrlich gesagt nicht,  
dass es halbwegs ernsthaft interessierte Leute abschreckt, sich  
anzumelden oder dass Leute mengenweise Wegwerfaccounts anlegen  
werden. Wissen tute ich das natürlich nicht, aber die gegenteilige  
Vermutung ist mindestens genauso spekulativ.

Ich stehe offenbar nicht ganz alleine mit der Meinung da, dass die  
Freiheit der Bearbeitung ohne jede Barriere längst nur noch eine  
scheinbare ist. Es dürfte der Gegensatz zwischen der erwarteten  
Freiheit und ihrer in der Praxis drastischen Einschränkung sein, die  
das größte Frustrationspotenzial hat. Es ist einfach ehrlicher, den  
Leuten zu erklären, dass sie zwar frei kommentieren dürfen, aber nur  
angemeldet Artikel bearbeiten und erstellen, und ihnen (wichtig!)  
dazu eine taugliche Hilfestellung anzubieten. Was sollte man dagegen  
einzuwenden haben?

Jetzt werden IPs scheel angekuckt, ist einfach so. Es mag sein, dass  
neuen Accounts das auch passiert, aber das kann man vermeiden, indem  
man offensiv Hilfen beim Neueinstieg anbietet und Maßnahmen ergreift,  
die Neulinge schützt.

Ich vermute, dass die Löschpraxis und die Ungeduld mit Neulingen (IPs  
oder angemeldeten), gepaart mit der Undurchschaubarkeit des  
Metabereichs, bei weitem mehr Leute abschreckt als es eine  
Anmeldepflicht je könnte.

Selbstverständlich müssen noch viele andere Baustellen angegangen  
werden. So fragwürdig auch Fefe und der gegenwärtige Aufruhr sein  
mögen - es ist doch etwas in Gang gekommen, das zu einer bisher  
ungewohnt konstruktiven und gründlichen Debatte geführt hat. Wurde  
auch Zeit. Wir dürfen uns alle vorwerfen (lassen), zu lange einfach  
weitergewurschtelt zu haben, mit einer Veränderung hier, einer neuen  
Regel da.

Die wichtigsten Baustellen sind in meinen Augen:
- der Umgang mit IPs und Neulingen
- eine radikale Reform des Metabereichs
- der Aufbau von funktionierenden Entscheidungsstrukturen
Angesichts der erreichten Größe der Wikipedia und der unübersehbaren  
Schwierigkeiten der Entscheidungsfindung und Steuerung auf die Wiki- 
Tour glaube ich, dass wir das auf Dauer nur durch Einführung von  
Merkmalen repräsentativer Demokratie schaffen werden. Derzeit haben  
wir - überspitzt gesagt - einen Mix von Anarchie und  
Willkürherrschaft. Beispiel: Es kann zwar jeder Artikel anlegen, doch  
gemessen werden sie an Kriterien, die oft von nur wenigen kurzerhand  
eingeführt oder geändert wurden. Oder: Mal wird über Kleinkram  
ausführlichst meinungsgebildet, mal fällt eine kleine Gruppe oder ein  
einzelner viel weitreichendere Entscheidungen.

Mir wäre wohler, wenn gewählte Repräsentanten wesentliche  
Entscheidungen treffen und Regelungen beschließen würden. Das wäre  
transparenter und - äh - demokratischer als der derzeitige Zustand.

Gruß, Rainer