[Wikide-l] Limbo
Kai F. Lahmann
kl at 3dots.de
Mi Nov 18 11:51:14 UTC 2009
Henriette Fiebig schrieb:
> * Hätte 1. den Vorteil, daß einem Neuautor der Artikel nicht gleich
> wieder „vernichtet“ würde, sondern er in einem – sagen wir mal:
> Schonbereich in Ruhe daran arbeiten kann.
Das ist schonmal a) für den Neuautor kein Vorteil (weil er nicht auf der
besseren Spielwiese, sondern an WP selbst arbeiten will und ihm dann
doch wieder jemand zuvor kommen kann, bevor sein Werk wirklich "drin"
ist) und b) für WP auch keiner, weil die Exklusionisten mit absoluter
Sicherheit (!) dafür sorgen werden, dass dann nahezu *jeder* neue
Artikel dort landet.
Wir dürfen auf keinen Fall vergessen, dass die RKs einst für nichts
anderes erdacht wurden, als für das, was wir heute "LAE 2b" (nach RKs
eindeutig relevant, daher Diskussion vorzeitig beendet) nennen. Heute
verstehen viele diese Kriterien als Gesetz, ja teilweise als "nur was da
drin steht, DARF einen Artikel haben [und selbst das dann noch nicht
sicher]".
Wen kann man denn heute für WP gewinnen?
Den Durchschnitts-Laien nicht, denn dieser hat von dem Thema zu wenig
Ahnung, um auch nur einen Stub zu schreiben, der den Löschtrollen
genügt. Davon ab, dass wohl niemand Kriterien versteht, die für ähnliche
Themenbereiche völlig andere Anforderungen stellen (ein Film muss nur
kommerziell existieren; ein PC-Spiel muss "wirtschaftlich erfolgreich"
sein) und sich zu 99% nicht nachweisen lassen. Zudem kommt bei
schlechten Artikeln kaum ein Löschantrag mit irgendeiner abfälligen
Bemerkung über das "Machwerk" aus - "kein Artikel" wird sowieso zu fast
allem gesagt, was kein EA ist...
Und damit sind wir bei der nächsten vergraulten Gruppe: Den
interessierten Laien. Diese haben durchaus fundiertes Fachwissen, aber
von Quellenarbeit keinen Schimmer. Also schreiben sie einfach drauf los
- sachlich idr. durchaus richtig. Was kommt? LA: "Theoriefindung" (schon
das Wort versteht niemand, die englische Version ist klarer 'keine
eigene Forschung'). Auch wieder nicht richtig. Quellen? Dass das halbe
IRC über jede Fefe-Meldung redet, ist für die Leute dort offensichtlich
- aber es lässt sich eben nicht nachweisen. Ebenso wenig die Tatsache,
dass irgendeine Kneipe in einer Stadt jeder kennt.
Und die Wissenschaftler? Kaum einer von denen hat Lust, einen Artikel zu
schreiben, an dem nachher 'Bildungsferne Schichten' und Besserwisser
herumfummeln.
Der große Knick im Wachstum von Wikipedia waren nicht die gesichteten
Versionen oder irgendwelche Benutzerschikanen - es waren leider leider
fast alleine die Quellen und mit ihnen einhergehend Löschgründe wie
"unbelegt" und "Theoriefindung". Ich denke nicht, dass wir auf dieses
Merkmal heute verzichten können (eher im Gegenteil: Die de facto
bestehende Quellenpflicht für neue Artikel endlich einmal öffentlich
zugeben!), wohl aber müssen wir verstehen, dass dies sich nicht mit
"jeder kann mitmachen" verträgt.
--
Kai F. Lahmann