[Wikide-l] Die Leiden der jungen Schweizerin

Reinhard Kraasch wiki at kraasch.net
Do Nov 26 23:23:08 UTC 2009


Tobias Lutzi schrieb:
>> Praxisgerechter und mit weniger Irritationen seitens der Neulinge
>> verbunden wäre eine klare Ansage "Arbeite bitte erst einmal das Tutorial 
>> durch, dann such dir einen Mentor, und dann fang mal vorsichtig auf der 
>> Spielwiese an, denke bitte an unserer Richtlinien zu Weblinks, vergiss 
>> die Quellen nicht, und, ach ja: signiere deine Beiträge usw. usw." 
>> Insofern wäre es eigentlich nur sachgerecht, wenn man Neulinge - wie in 
>> der englischen Wikipedia - gar keine neuen Artikel anlegen lassen würde 
>> - faktisch können sie es ja eh nicht mehr (jedenfalls nicht, ohne dass 
>> der Artikel umgehend in der Qualitätssicherung landet und dort 
>> nachbetreut werden muss).
>>     
> praxisgerechter vielleicht, einsteigerfreundlicher aber ganz sicher nicht...
>
> -- toblu
>
>   
Na, auf jeden Fall nicht unfreundlicher, als es derzeit läuft, denn was 
nützt vermeintliche "Einsteigerfreundlichkeit", wenn sie sich als Falle 
erweist? Dann lieber weniger Erwartungen wecken und diese dann auch 
erfüllen.

Oder anders herum: Wie könnte Wikipedia denn wirklich 
einsteigerfreundlich werden? Ja, wenn man all die Hemmnisse abschafft: 
Relevanzkriterien, Kategorien, Vorlagen, Signaturen, Regeln zu Weblinks, 
Einzelnachweise, Quellenpflicht, die Pflicht, nachzuschauen, ob es den 
Artikel nicht schon gibt usw. usw.- dass das geschieht, ist aber doch 
illusorisch. In Einzelbereichen sind da sicher Verbesserungen möglich, 
in der Summe glaube ich nicht daran. Es ist ja nun auch nicht so, dass 
all diese Regeln und Mechanismen aus Jux und Dollerei entstanden sind, 
oder um Neulinge abzuschrecken. Der eine oder andere hat sich ja schon 
etwas dabei gedacht. Es ist halt wie mit unserem Steuerrecht: Alle 
jammern über die Komplexität, keiner fühlt sich wirklich gerecht 
behandelt - aber eine wirkliche Vereinfachung wird es auch nie geben, 
weil einfach zu viele Partikularinteressen betroffen sind.

Wobei: alle reden immer von den ach so wertvollen Neulingen, die 
abgeschreckt werden... Wenn ich mir so meine Mentees anschaue: Von 100 
wollten vielleicht 30 wirklich etwas schreiben - und von diesen 30 waren 
27 Selbstdarsteller und Eintagsfliegen, die Wikipedia lediglich als 
Werbeplattform für ihre (irrelevante) Firma, ihr Kunstprojekt oder ihre 
Person ausgeguckt haben. Übrig bleiben 3, die wirklich 
Enzyklopädieartikel schreiben wollten und geschrieben haben. Eine 
klägliche Rate - und ich glaube nicht, dass das an meiner Betreuung der 
Mentees liegt.

Ich denke, wir sollten wirklich etwas für neue Autoren tun - aber das 
muss weitaus gezielter und professioneller ablaufen als derzeit, wo man 
beliebigen Leuten, die mehr oder minder zufällig reingeschneit kommen, 
zunächst die Illusion gibt, "kommt her, ihr Mühseligen und Beladenen - 
und ladet alles bei uns ab, was euch auf der Seele liegt" und danach mit 
der großen  Klatsche kommt und all dies wieder aus Wikipedia rausklopft.

Gruß
Reinhard