[Wikide-l] Elitärer Kram und was gegen mangelnde Qualität zu tun wäre

Elisabeth Bauer elian at djini.de
Do Jan 13 00:11:12 UTC 2005


Benedikt Zäch wrote:

> Zum Beispiel:
> - thematische Arbeitsgruppen zu bilden, die sich gezielter einzelnen 
> Artikelblöcken zuwenden könnten (d.h. auch: verstärkte Bemühung um 
> WikiProjekte und Wikipedia-Portale),
> - minime Absprachen zu treffen, zunächst unter Admins, später vielleicht 
> unter Einbezug erfahrener Benutzer,über Vorgehensweisen zum Unterhalt 
> und zur Sicherung der Qualität,
> - weniger virtuelle Wege des Austausches und der Begegnung zu suchen,
> - technische Hilfsmittel für Massenprobleme zu suchen, um soziale 
> Probleme (etwas weniger dramatisch gesagt: gruppendynamische Fragen) 
> konzentrierter angehen zu können.
> 
> Ein offenes Projekt sei Wikipedia, das wird oft genug betont und 
> beschworen. Klar scheint aber auch, dass das Modell allmählich an seine 
> Grenzen kommt; das freie, anarchische, selbstregulierende  Modell ist 
> Faszination, Chance und Fluch zugleich. Denn wie immer hängt es an Menschen.
> 
> Oder sagt mir hier jemand überzeugt, das sei schon von Beginn weg eine 
> konstante Begleiterscheinung des rasanten Erfolges von Wikipedia 
> gewesen? Sei mutig - und geduldig?

Ja. *seufz* nachdem es anscheinend niemand anderes sagen will: Jetzt 
hört mal alle mit der Jammerei auf.

Als ich im Juli/August 2002 zur deutschen Wikipedia gestossen bin, habe 
ich zuerst einmal herzlich gelacht. Von Enzyklopädie war damals noch 
nicht viel zu sehen, die Qualität der meisten Artikel hat einem die 
Tränen in die Augen getrieben. Seit dieser Zeit ist Wikipedia nicht nur 
gewachsen, sondern auch konstant besser geworden.

Hier leiden viele an etwas, was ich mal ohne jegliche Polemik als 
Uli-Syndrom bezeichnen will: Wer täglich Dienst als Admin oder normaler 
Benutzer in Wikipedia schiebt und neue Beiträge und Änderungen 
kontrolliert, bemerkt viel Unfug, der geschieht, viel schlechte Edits, 
Vandalismus etc. Man kommt aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Und 
trotzdem, heimlich still und leise, wächst Wikipedia und gewinnt an 
Qualität.

Ich selbst merke das nur dann, wenn ich Wikipedia tatsächlich _benutze_. 
Dann tauchen auf wundersame Weise auf einmal die guten Artikel auf. In 
der gemütlichen Diskussion am Abend mal ein Stichwort nachgeschlagen - 
Wikipedia liefert das, was wir wissen wollen. Für die Arbeit etwas 
recherchiert - ich erhalte sinnvolle Informationen. Meine Kollegen 
berichten mir von einer stetigen Zunahme von Verweisen auf einzelne 
Wikipedia-Artikeln in Artikeln (Linuxmagazin).

Ein weiteres Beispiel: Artikel, die heute ohne grosses Zögern auf den 
Löschkandidaten dem Löschbutton anheim fallen, galten früher als ganz 
normale Artikel! Surft einfach mal ein bisschen im Internet-Archiv in 
alten Versionen der Wikipedia und überlegt euch, wieviele Artikel ihr 
zum Löschen vorschlagen würdet.

Damit will ich die Vorschläge, die Benedikt oben gemacht hat, nicht 
schlecht reden. Nur - genau das geschieht doch jetzt schon. Es bilden 
sich Arbeitsgruppen, die sich um Themenbereiche kümmern. Wikipedianer 
treffen sich in Real Life etc. Und genau so sollten wir auch weitermachen.

Klar gibt es Missstände - darunter fallen für mich die wachsende Zahl an 
Navigationsleisten und ähnlichem Schnickschnack, die immer komplizierter 
werdenden Abläufe (der Regelwahn - [[en:Wikipedia:Instruction Creep]]  - 
hat sich in der deutschen Wikipedia glücklicherweise noch längst nicht 
so weit verbreitet wie in der englischen), Streitigkeiten unter 
Benutzern, aber das ist alles nichts, was man nicht im Griff halten 
könnte und eben auch tun sollte.

Eine kleine Anregung zum Schluss: Die Franzosen haben neulich mal eine 
Consultation generale veranstaltet:
http://fr.wikipedia.org/wiki/Wikip%C3%A9dia:Consultation_g%C3%A9n%C3%A9rale

Eine solche Bestandsaufnahme wäre für die deutsche Wikipedia vielleicht 
auch ganz interessant.

liebe Grüße,
elian