[Wikide-l] Ist Qualitätskontrolle elitärer Kram?

Ulrich Fuchs mail at ulrich-fuchs.de
Mo Jan 10 08:08:47 UTC 2005


> Mir scheint, dass es ohne einen solchen Effort (den Artikel-Vorraum,
> wenn wir das Ding mal so nennen wollen) nur weiterhin Gejammer über
> mangelnde Unterstützung beim "Aufräumen" gibt: Von der Tatsache mal
> abgesehen, dass hier unter "Aufräumen" von Besprechen bis Löschen alles
> mögliche verstanden wird...

Ich hatte die Idee ja ursprünglich nur für einen Gag Ivos gehalten, aber 
nachdem das nun ernsthaft diskutiert wird, ein paar Gegenargumente:

1: Bitte [[Wiki]] lesen. Ein Wiki zeichnet sich dadurch aus, dass in *einem* 
Text zu einem Thema gearbeitet wird, nicht in fünf verschiedenen. (Nur) darum 
kann es funktionieren.
2. Die Wikipedia hat Diskussionsseiten für halbgare Ideenfindung, die noch 
nicht in den Artikel sollen
3. Die Wikipedia akzeptiert Stubs. Zwei Zeilen als Artikelstart im normalen 
Artikelnamensraum sind völlig ausreichend, wenn es zwei gute Zeilen sind. 
Wenn ein Autor nicht willens oder nicht in der Lage ist, den Kern seines 
Themas in zwei guten Sätzen zu beschreiben, dann ist eine Löschung, bei der 
der Autor vielleicht noch mitkriegt, warum sein Artikel gelöscht wurde (bspw. 
ein Hinweis in der "Artikel existiert nicht"-Seite auf's Löschlogbuch, wo der 
Autor dann "zu wenig" liest) das, was am wenigsten administrativen Overhead 
braucht.
4. Wenn ein Artikel thematisch nicht akzeptabel ist (bspw. die allgemein als 
nicht akzeptabel erachteten Selbstdarsteller), dann ist es völlig 
überflüssig, diesen Artikel in einen separaten Namensraum zu verschieben. 
Dann ist er thematisch nicht akzeptabel, weder in einem separaten, noch im 
normalen Namensraum. Wenn man über die Akzeptierbarkeit diskutieren muss, 
kann man das genauso gut, wenn der Artikel im normalen Namensraum steht.
5. Gäbe es einen solchen Inkubator-Namensraum für halbgare Artikel, wann bitte 
sollen die Artikel aus dem wieder rausgeholt werden? Wer entscheidet, was 
valide ist? Da bist Du sofort wieder bei der Redaktion, nur diesmal andersrum 
(dann gehts ums reinlassen statt ums rauswerfen). Es ändert nichts am 
Problem. Halbgares hat in der Wikipedia einfach nichts verloren. Ein Artikel 
muss(!) zu jedem Zeitpunkt in einem Zustand sein, in dem man sagen kann: "Ok, 
das ist zwar noch nicht sehr viel, aber zumindest ist das, was da steht, 
präzise der Kern des Themas". Das gilt für einen Zweizeiler genauso wie für 
Zehn-Seiten-Artikel.

> Wissenschafts-Kanon-Filter geht. Das ist nicht nur schrullig, sondern,
> was z.B. Alltags- und Medienkultur betrifft, ein unschätzbarer Vorteil
> gegenüber den langsamen Tankern des Welt-Wissens. Denn es heisst auch
> enorme Schnelligkeit im Aufgreifen von neuen Dingen.

Das Problem der Wikipedia ist nun aber leider, dass sie mittlerweile fast 
*ausschließlich* die Alltags- und Medienkultur bedient (und noch ein bisschen 
die Geografie und Biografien). Ein nicht zu unterschätzender Teil der (immer 
noch schlechten) Inhalte, die den Kanon des eigentlichen Kernwissen abdecken 
(Physik, Medizin, Literatur, Mathematik, Geschichte, Philosophie, you name 
it), stammt noch aus einer Zeit wesentlich rigiderer Qualitätskontrolle als 
heute. An diesen Themenbereichen wird trotz ihres noch immer traurigen 
Zustands heute so gut wie überhaupt nicht mehr gearbeitet. 

Uli