GNU FDL-Abschnitt 4.I. War: Re: [Wikide-l] Wiki Press

Ulrich Fuchs mail at ulrich-fuchs.de
Do Apr 21 17:02:52 UTC 2005


Am Donnerstag, 21. April 2005 18:13 schrieb Erwin Jurschitza:
> http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Wiki_Press
>
> Bitte um Kommentare.

Bitte sehr, weil mir das im Moment grade auf den Nägeln brennt, und Euch auch 
auf den Nägeln brennen wird, wenn Ihr lizenzkonform drucken wollt: Der 
Abschnitt 4.I. der Gnu-FDL fordert offenbar, dass man zu jedem Artikel die 
komplette Versionsgeschichte abdrucken müsste. Damit dürfte in der Regel etwa 
zwei Drittel eines solchen Buches aus der Versionsgeschichte des restlichen 
ein Drittels Artikel bestehen, wenn man lizenzkonform bleiben will. 

Dieses Problem betrifft derzeit:
* Den Import von anderen Wikipedias in die deutschsprachige
* Das Kopieren zwischen Artikeln in der Wikipedia
* Die Wiki-Reader
* Die Directmedia-CDs und DVDs (die vorhandenen, bei neuen könntet Ihr's 
ändern)
* Die geplanten Directmedia-Bücher
* Die Wiki2pdf-Truppe und ihr Projekt
* Jimbos Wikipedia-Printausgabe
* Die gesprochene Wikipedia
* Mein Wikiweise mit seiner pdf-Erzeugung (und seinem Traum vom 
Auflage-Eins-Printing) "on demand"
* beipielsweise Lehrer, die ein Arbeitsblatt für die Schule erzeugen wollen.
* und jede andere denkbare Verwendung, die die elektronische Welt verlassen 
möchte, weil man neben dem eigentlichen Inhalt noch enorme Mengen von 
Metadaten verteilen muss. Die GNU-FDL ist kein Problem (die passt auf eine 
Doppelseite), aber diese Versionsgeschichten tun platzmäßig so richtig weh. 
Elektronische ist es kein Problem, weil man die Historie irgendwo verstecken 
kann, wo sie nicht stört.

Faktisch führt bei Wiki-Texten wegen des ungünstigen Verhältnisses 
Textlänge/Länge der Historie dieser Abschnitt der Lizenz den Zweck der Lizenz 
(effektive Freiheit der Texte) ad absurdum. Die Texte werden faktisch nicht 
frei, sondern bleiben auf die elektronischen Medien gefesselt.

Die Frage ist, wie geht man mit dem Problem um?

Im Moment fallen mir nur zwei Lösungen ein: 
1. Es wird eine große konzertierte Aktion von mehreren Seiten (Jimbo, deutsche 
Wikimedia, deutsche Wikipedia-Community, Directmedia, Wikiweise) gestartet, 
um die FSF / Richard Stallman zu einer neuen Version der Lizenz zu bewegen, 
die zumindest diesen Abschnitt praktikabel gestaltet (Angabe der fünf 
Hauptautoren sollte reichen, Historie kann entfallen oder von mir aus durch 
Angabe einer URL ersetzt werden, auf der die Historie nachzuvollziehen ist)

2. Es bildet sich ein ähnliches Gentleman-Agreement heraus, wie jetzt für die 
Online-Nutzung der Wikipedia-Inhalte. Wenn das lange genug im Netz steht, und 
Leute lange genug Inhalte offline verbreiten, ohne dass Autoren Einspruch 
erheben, ergibt sich vielleicht eine Art Gewohnheitsrecht, das auch 
gerichtsfest wäre (sonst könnte ein Amokläufer das ganze in ein paar Jahren 
sprengen und einen riesigen Schaden verursachen). Frage an die Juristen: 
Könnte man auf sowas bauen?

An die dritte Lösung möchte ich nicht denken: Die nämlich, dass sich die 
Wikipedia-Community sagt: Wir machen Wikipedia im Netz, alles andere ist 
wurscht. Wer offline drucken will, soll halt die Historien drucken. Wenn das 
wirtschaftlicher Selbstmord ist, soll er halt nicht drucken. Wenn Leute 
unsere Inhalte zum google-Bombing nehmen, ist's recht, wenn sie sie wirklich 
weiterentwickeln und nutzen wollen, ist's doch schön, wenn das praktisch 
unmöglich ist. Ich hoffe, dass sich dann da zumindest der Verein seiner 
Satzung und deren Präambel erinnert...

Uli