[Wikide-l] Botschaften, Stille Post & Co

Mathias Schindler mathias.schindler at gmail.com
So Dez 14 11:11:12 UTC 2008


2008/12/13 Sebastian Moleski <sebastian.moleski at wikimedia.de>:

> Ich möchte ergänzen, dass ich die faktische Abschaffung dieser Sitte,
> Interviews zu autorisieren, inhaltlich nur begrüßen kann.

Sagen wir mal so, es gibt Teile in mir, die es begrüßen. Als
Journalist hat man nach einer ordentlichen Recherche viele viele
Statements, die man irgendwie kondensieren, sortieren, filtern und
komprimieren muss. Wer nicht wirklich ganz tief in der Materie
drinsteckt, wird hier fast zwangsläufig Fehler machen. Die Idee, dem
Interviewten noch einmal die Teile zuzuschicken, die wortwörtlich
zitiert werden sollen, ist dabei sehr hilfreich.

Letztes Beispiel (mit mir als Zitategeber) war ein Gespräch mit dem
ORF Futurezone, fremde Kultur und fremde Sprache. Das Interview wurde
am Telefon geführt und ging etwa 20 Minuten, am Ende hatte sie drei
Zitate von mir, die sie gerne bringen wollte.

Das Resultat steht unter http://futurezone.orf.at/stories/1500668/

Auf die Dinge, die ich dort gesagt habe, kann ich nun festgenagelt und
von dieser Mailingliste flambiert werden.

Einige Zeitungen gehen übrigens noch weiter. Ein Computermagazin
schickt uns und allen erwähnten Firmen bei größeren Artikeln diese
vorab mit einer angemessenen Reaktionszeit zu und wir können nicht nur
Zitate, sondern auch alle anderen Teile kommentieren. Das ist dann die
ganze Bandbreite von sprachlicher Ungenauigkeit bis fehlerhafter
Darstellung. Die Redaktion entscheidet dann, ob sie unseren oder jeden
anderen Einwand stichhaltig findet und korrigiert es. Das Resultat ist
eine durchgängig erstklassige Qualität der Arbeit, auch dann, wenn man
eben nicht mit den Schlussfolgerungen einverstanden ist. Es ist kein
Widerspruch zu gutem Journalismus und kein Angriff auf die
Pressefreiheit, dem Objekt seiner Berichterstattung die Gelegenheit
zur Stellungnahme zu geben, bevor das Kind in den Brunnen fällt.

Mathias