Am Wed, 2 Dec 2009 14:49:11 +0100
schrieb Rainer Zenz <rainerzenz(a)web.de>de>:
Wir schreiben ja eine Enzyklopädie. Der Streit geht
aber darum, was
die nun sei. Die Definition ist nicht feststehend, war sie auch nie.
Man muss sich nur Diderot, Krünitz und Brockhaus nebeneinander
anschauen. Und das waren alles Bücher, wir sind es nicht.
Eine Enzyklopädie *kann* auch ein Ort für Informationen sein, die man
sonst nirgends findet. Wobei "nirgends" natürlich bedeutet, "nur
schwer". Das wird doch auch akzeptiert, wenn jemand etwas zu einem
leicht abseitigen Thema in einem Orchideenfach schreibt, indem er
schwer zugängliche Fachlieratur auswertet.
Von der Mitarbeiterstruktur der Wikipedia her müssen wir uns nicht
entscheiden, zuerst eine "klassische" Enzyklopädie zu schreiben. Wer
das will, kann diesen Teil der Aufgabe problemlos verfolgen. Wer an
anderen Dingen interessiert ist, wird sowieso anderes tun. Solange
Mindeststandards eingehalten werden, spricht doch nichts dagegen.
Ich halte es für illusorisch, aus der Wikipedia einen besseren
Brockhaus oder eine bessere Britannica machen zu wollen. Dafür
bräuchte man *eine* Redaktion. Sie kann es in Teilgebieten werden.
Insgesamt wird sie immer disparat bleiben und das macht auch einen
erheblichen Teil ihres Charmes aus. Es hat schlicht keinen Sinn, die
gesamte Wikipedia "auf Linie" bringen zu wollen, überall den gleichen
Maßstab durchsetzen zu wollen. Mehr Mut zum Pluralismus und etwas
mehr Gelassenheit täte uns ganz gut.
Ein paar sehr weise Worte. Ich möchte hinzusetzen, dass die Wikipedia keine
Enzyklopädie sein soll und nie sein sollte, sondern ein Projekt zur Erstellung einer
Enzyklopädie. Der Unterschied mag als Haarspalterei angesehen werden, ist aber meiner
Meinung nach bedeutend. Für eine Enzyklopädie braucht es - wie Rainer treffend anmerkt -
eine Redaktion, die auch in gewissem Maße Verantwortung für die Inhalte übernimmt. Das
gibt es in der Wikipedia nicht. Es gibt maximal einzelne Autoren, die die Verantwortung
für einige ihrer Artikel übernehmen. Dennoch kann die Wikipedia für eine Enzyklopädie
genutzt werden. Die Wikipedia-DVD ist ein Beispiel: eine Artikelauswahl wird eingefroren
und mehr oder weniger gut redaktionell überarbeitet und durchgesehen. Dies sollte unsere
Maßgabe sein. Geben wir Projekten, die Wikipedia-Inhalte in eine enzyklopädische Form
gießen die bestmöglichen Voraussetzungen. Aber eine Arbeitsversion einer Enzyklopädie zu
haben und gleichzeitig als eine fertige Enzyklopädie auftreten zu wollen überfordert
meiner Meinung nach das Projekt.
Jörgen
--
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