Hallo Olaf,
ich scheine wirklich in einer gänzlich anderen Wissenschaftlerwelt zu leben als du. Ich
bekommeim Schnitt immer ein gänzlich anderes Feedback.
Grüße
Marcus
Ganz so einfach wie die letzten Wortmelder sehe ich das
nicht.
Zum einen gibt es mir zu denken, dass wir bei hochkarätigen potentiellen Autoren
gegenwärtig eine prekäre Hürde haben: Die Sichtung. Ich machte die Erfahrung,
dass das für Leute, die sich selbst für kompetent erachten, und zwar für
kompetenter als WP, der komplett put off ist. Die geben etwas ein, drücken auf
speichern - und wo ist es jetzt? Wie, das muss jemand anderes freischalten? Ich
dachte in Wikipedia siegt besseres Wissen? Wer sichtet mich jetzt und wann?
Dieses Gespräch habe ich unter Wissenschaftlern drei oder vier Mal gehabt und
dabei komplett das Gesicht verloren - seitdem führe ich keine Kollegen mehr an
WP heran. Ganz ehrlich: Ich kann das nicht erklären, kann die Botschaft nicht
vermitteln. Ich weiß natürlich, dass es da ein Meinungsbild in WP gab. Doch ich
denke da hat man genau die Falschen gefragt: Man fragte die alten Mitmacher -
nicht die, die man gewinnen will. Und das braucht niemand zu glauben, dass ich
einen Uni-Prof oder auch nur einen Doktoranden unter einen Mentor ordnen kann -
totale Fehlrechnung.
(Und nutzt mir als Admin das Sichten? Nicht wirklich - ich hab ein paar mal
Edits gesichtet, ohne zu sehen, dass der Murx früher lag. Die ganze Sicherheit
ist trügerisch.)
Zweitens: Wenn wir an Dynamik verlieren, verlieren wir an öffentlichem Status.
Ich denke, wir sollten unsere Relevanzkriterien hier und da überdenken. (Höre
zuweilen, die deutsche WP sei die bessere, vgl. mit der Englischen, wegen dieser
Kriterien. Dafür gibts im Gegenzug aber doch verdammt viele Momente, in denen
ich auf en.wp gehe, gerade bei Trivia und kulturellem Zeug, weil wir uns auf
de.WP einen abbrechen, statt gelassener zu agieren).
Drittens: Wir benötigen ein qualitatives Wachstum. Ich denke zweiteilige WP
Aritikel wären gut: oben ein allgemenverständlicher Teil mit eigener farblicher
Unterlegung, unten ein wissenschaftlicher. Die Enzyclopaediaca Britannica bot
das mit Macro und Micropededia. Wir sollten beide Märkte, den des Fachlexikons
und den des Kundenlexikons ins Augen nehmen.
Viertens: (Das sagte ich schon) wir sollten eine spezielle Plattform einrichten
auf der einige Regeln nicht gelten: NPOV, no original research, beliebige
Veränderbarkeit. Immer noch würde die Commons Lizenz gelten, Wir sollten das
tun, um Fachwissenschaftler dazu zu kriegen, dass sie bei uns zitierbare
wissenschaftliche Arbeiten mit ihrem Wissen, ihrer Forschung, ihrer Position ins
Netz stellen. Hier hängen wir total fest auf unseren Ideen einer
Masssensuperwikipedia, statt uns auf differenziertes Wachstum auszurichten. Ich
fände es genial, wenn wir sowohl in Richtung Wissenschaft wie in Richtung Trivia
wachsen. Was die Wissenschaften anbetrifft, sehe ich wenig Nachdenken bei uns,
zu überlegen was eine wissenschaftliche Plattform leisten muss. Ich sprach das
mehrfach an - aber da passierte nichts - aber ohne Nachhall. Unsere Überlegungen
sind in all diesen Fragen immer nur: "so wie wir das machen, ist es toll - wir
müssen einfach mehr Werbung machen, dass mehr und bessere Autoren kommen. Wir
begreifen nicht, wo wir vor allem strukturell, mit Plattformen weiterer Regeln
wachsen müssen, wenn wir mehr und andere Autoren gewinnen wollen, und
andersartiges Wissen. Die Leute, die das Kernmedium gestalten stehen da dem
Wachstum im Wege.
Über das Kernmedium mache ich mir wenig sorgen - die denen das Spaß macht,
werden weiter daran arbeiten und neue vom unserem Schlage werden hinzukommen.
Ich mache mir sorgen darüber dass wir beim qualitativen Wachstum die Kreativität
abgeschaltet haben. Auch das sagte ich schon: Schulprojekt und Silberwissen sid
da blödsinn. Wir müssen nachdenken welche Autoren wir suchen und mit den
Communities ins Gespräch kommen - dürfen die nicht mit unseren Ideen belabern
und denken "Die schulen wir einfach", wir müssen rauskriegen, was für Gründe
die
haben, bei uns nicht mitzumachen und dazu konstruktive Lösungen finden. Die sind
nicht Veränderung unseres Kernprodukts, die sind: Erweiterung unserer Palette
als Publikationsmedium.
Gruß,
Olaf
Juergen Fenn <juergen.fenn(a)gmx.de> hat am 28. März 2011 um 21:36 geschrieben:
Am 28.03.11 16:30 schrieb Marcus Cyron:
die Ergebnisse, die aus der Studie heraus gelesen
werden überzeugt
mich schlichtweg nicht. Ich weiß ja nicht, ob man wirklich glaubte,
daß das Wachstum immer gleich weiter laufen würde. Das ist schon
immer vermessen gewesen. Es war klar, daß das eines Tages nicht
weiter geht. Offenbar ist der Punkt erreicht - und auch logisch.
Außerdem ist das Web 2.0 vielfältiger geworden. Seit es die sozialen
Netzwerke gibt, wird zusätzlich Aufmerksamkeit und Zeit hierfür
aufgewandt, es ist eine Nullsummenrechnung, wieviel dann noch für WP
übrig bleibt.
Darüber hinaus ist die weit verbreitete
UNtergangsstimmung meiner
Meinung nach nicht zielführend. Wir sind nicht Börsennotiert. Unser
Weiterkommen ist nicht von einem stetigen "Wachstum" angewiesen.
Mich irritiert diese Wachstumsideologie ebenfalls sehr, auch das
"Product Whitepaper", auf das Delphine verwiesen hatte, mit Begriffen
wie "Business Goals", "Ranking", "Growth" usw. Wer alles
nur durch die
ökonomische Brille sieht, dem entgeht das wesentliche. Eine
ganzheitlichere Sicht mit dem Augenmerk auf den Idealismus der Autoren
täte hier gut. Ich wußte noch gar nicht, daß ich an einem "Produkt"
mitschreibe...
Ich glaube auch nicht, daß es ein Ziel sein sollte, die Leute bei
Wikipedia festzuhalten, wie sie in den sozialen Netzwerken künstlich
festgehalten werden -- wie käme man sonst auf die Idee, die "Time Spent
on Wikimedia" überhaupt zu erfassen... Es ist ein Nachschlagewerk, wenn
etwas nachgeschlagen und die zugrundeliegende Frage beantwortet worden
ist, ist es normal, daß man weiterzieht...
Jürgen.
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