[Wikide-l] Lizenzproblematik: Erste Schritte zur Lösung
Thomas Hochstein
ml at ancalagon.inka.de
Mo Jan 30 06:44:28 UTC 2006
Mathias Schindler schrieb:
> Ein Tweak kann unter anderem sein, daß Dokument und Lizenzvolltext mit
> History und kompletter Autorenliste auch getrennt publiziert werden
> können, wenn sie durch einen stabilen link verbunden sind.
Ack. Allerdings nur, wenn dieser Link medienkonform ist.
Die Angabe einer Online-Ressource in einer Offline-Publikation (oder
umgekehrt) dürfte nicht ausreichen, weil damit faktisch die Nennung
des Urhebers entfällt oder allenfalls unter indiskutablen Hürden
zugänglich ist (niemand, der einen Beitrag online liest, wird zur
Feststellung des Autors bspw. eine Bibliothek aufsuchen, genauso, wie
regelmäßig niemand, der ein Buch oder eine Zeitschrift liest, nur für
einen Blick auf den Autor online gehen wird).
Für ein Wiki, also für massive Zusammenarbeit an einem Text, bei dem
hinterher kein Mensch mehr ohne übermäßigen Aufwand sagen kann,
welcher Textteil denn nun von welchem Urheber stammt, sind mE die
ganzen vorhandenen Lizenzen wenig brauchbar. Ist es bei anderen
Publikationen nicht nur sinnvoll, sondern in der Regel gerade Sinn der
Sache, (nur) die Nennung des Autors zu verlangen und die Werkbeiträge
voneinander abzugrenzen (daher Veränderungen in der History
nachzuführen), ist bei einem Wiki regelmäßig schon bald die Masse der
Urheber und der Bearbeiter, deren Beiträge nicht die notwendige
Schöpfungshöhe erreichen, unabsehbar groß und durchmischt [1], so daß
man nicht umhin kommen wird, eine andere Lösung zu finden (die dann
aber wiederum für "konventionelle" Publikationen nicht brauchbar ist.
Insofern ist der Versuch, die GFPL zu "reparieren", ein Schritt in die
falsche Richtung, der im Gegenteil die GFPL beschädigen würde.
-thh
[1] Das ist übrigens auch einer der Gründe dafür, daß ein (allgemein
offenes) Wiki für die Produktion von vertrauenswürdigen Texten
vollkommen ungeeignet ist - es ist nicht feststellbar, welche
Teiltexte von welchem Autor oder welchen Autoren stammen, so daß jede
Aussage letztlich wieder selbst überprüft werden muß, womit der
Aufwand nur unwesentlich geringer ist, als wenn man direkt andere
Quellen zu Rate ziehen würde. Die nur auf Plausibilität gestützte
Übernahme von Aussagen als zuverlässig und kompetent bekannter Autoren
- eine wichtige Beurteilungsquelle für Beiträge auf Webseiten, im
Usenet und auf Mailinglisten wie auch in Büchern und Zeitschriften -
kommt faktisch nicht in Betracht; das Auseinanderfieseln eines
längeren und älteren Beitrags anhand mehrerer 100 History-Einträge ist
allenfalls eine theoretische Möglichkeit und in der Praxis völlig
indiskutabel. (Und leider gilt auch nicht, daß der jeweils letzte
Bearbeiter quasi die Verantwortung für den Text in seiner Gesamtheit
übernimmt; der hat vielleicht nur ein Komma verbessert oder einen
Textblock verschoben ...)