[Wikide-l] Re: Wikipedia, Brockhaus & Co.
Bernd Herrmann
bernd.uwe.herrmann at t-online.de
So Jan 16 02:24:35 UTC 2005
Christian Thiele schrieb:
> Ich glaube ihr verkennt unsere Kritik an eurer Kritik. Ich persönlich
> stimme dir vollkommen zu, dass ich dir und du mir 180.000 Artikel
> aufzählen können, die nicht gut sind. Das bestreitet niemand, das ist
> so. Aber ich frage mich, was ihr wollt: ihr wollt es ändern, ich
> weiß. Aber ändern kann man es nur mit Menschen: vielen engagierten
> Menschen. Eure Kritik zielt aber immer darauf, auszusortieren, zu
> löschen, zu verkleinern. Damit gewinnt man keine Menschen, man
> vergrault sie. Man braucht eine konstruktive Atmosphäre, die hier auf
> der ML derzeit nicht zu finden ist. Ich glaube, mit euch geht nur die
> Ungeduld durch. Die Wikipedia wird nie fertig sein, sie wird ständig
> wachsen, sich verändern.
Dass sie nie fertig wird ist richtig und ist gut - und ist eine
Binsenweisheit. Ich sehe das Problem des "Vergraulens" nicht. Jeder
Mensch, der sich in der nicht-virtuellen Welt an etwas beteiligen will
(Sportverein, Partei, Kirche, Kegelruden usw.) muss bestimmte Regeln
lernen. Dass Neuen gegenüber eine gewisse Höflichkeit an den Tag gelegt
werden sollte ist klar. Das heißt aber nicht, alles mal laufen zu
lassen. Dann läuft alles auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu.
>
> Wenn wir eure Kritik nicht teilen, dann nicht den Fakt, dass es viel
> zu viele schlechte Artikel gibt, sondern den Fakt, dass ihr
> Vorschläge zur Veränderung macht, die nicht haltbar sind. Wir sind
> uns glaube ich einig, dass die ideale Wikipedia so aussehen würde,
> dass engagierte Personen ausschließlich damit beschäftigt sind gute
> Artikel zu verfassen, konstruktiv über diese zu diskutieren und
> gegenseitig zu verbessern. Ich glaube, um das Ziel einer gern
> zitierten "Wikipedia 1.0" zu erreichen, bräuchte man selbst in diesem
> Fall mehrere Jahre und mehrere hundert Personen, die so engagiert
> arbeiten. Die haben wir aber nicht, und daher können wir es uns
> einfach nicht erlauben, mit der Schere anzusetzen, wie ihr es
> größtenteils fordert. Die Wikipedia trägt nicht ohne Grund den
> Begriff "Wiki" im Namen und nur durch diese Freiheit - die natürlich
> auch Probleme bringt - ist die Wikipedia zu dem geworden, was sie
> heute ist. Jegliche euer Vorschläge zielt in gewissem Maße auf eine
> Einschränkung hin oder aufs Vergraulen von potentiellen Schreibern.
> Das sind einfach keine konstruktiven Vorschläge, weil jeder sehen
> sollte, dass dies über kurz oder lang das Ende bedeuten würde. Wir
> haben einfach zu wenige Mitarbeiter um uns so etwas leisten zu können.
Fragt sich, wie man "Mitarbeiter" definiert. Du definierst es als a)
"Jeder der auch nur einmal hier editiert". Ich würde es definieren als
b) "Jede Person, die regelmäßig hier mitarbeitet." Dass durch Anregung,
Kritik, Meckern und auch Löschen aus a) nicht b) werden kann, sehe ich
nicht. Im Gegenteil, es ist ein notwendiger Prozess; anderswo nennt man
das Sozialisation.
Zu wenige Mitarbeiter gibt es im Sinne a) nicht, im Sinne von b) schon
- und noch weniger, wenn man sich ansieht (genauer: wenn ich mir bei
meinen Fachgebieten anssehe) wie wenige dort regelmäßig Bereiche
durchgesehen, verbessert etc. werden (Wobei diese Zahl noch weiter
schrumpft, da die meisten Admins voll und ganz mit Meta-Aufgaben
beschäftigt sind).
Wenn Du "wiki" mit "Freiheit" gleichsetzt, klingt es für mich, als
würdest Du sagen: Da sind nicht nur alle gleich, sondern alles ist
gleich = egal. Ist es nicht (kann es aber sein). Mit wiki hat das auch
nichts zu tun. Ein wiki ist Software, eine ziemlich gute Software, aber
was man damit macht oder was sie bedeutet hat mit der Software an sich
ziemlich wenig zu tun (es gibt z.B. genügend Beispiele für wikis in
Intranets etc.).
Gruß Bernd (Albrecht Conz)