[Wikide-l] Qualität, Qualität, Qualität

Benedikt Zäch benedikt.zaech at gmx.net
Sa Jan 15 23:50:13 UTC 2005


Die Elche röhren laut in die Nacht hinein, und es tönt immer wieder auf 
dieselbe Weise.


> Das ist auch sowas, was ich überhaupt nicht verstehe: Da wird Acht
> gegeben, daß man ja keinen Neuling verschreckt (egal was für einen Mist
> der geschrieben hat),


Mein Eindruck von Löschdiskussionen ist aber ein ziemlich anderer. Aber 
Neulingen nur mit dem Hammer zu kommen, macht aus Unbedarften (oder 
Übereifrigen) gern Trolle.

> aber verdiente Leute, die irgendwann mal genervt
> das Handtuch schmeissen, die läßt man gehen und mault sie auch noch an,
> weil sie es gewagt haben Kritik zu äußern.

Das Maulen hört man eigentlich vor allem von den verdienten Leuten, die 
wie enttäuschte Liebhaber der Wikipedia vorwerfen, dass sie (zu) 
erfolgreich ist und zu schnell aus den Schuhen wachsen, die sie, die 
Pioniere, doch schon vorsorglich vor Jahren bereitgestellt haben.

 

> Zweitens verliert man wirklich jegliches Interesse an einer Verbesserung
> - und auch harte Kritik ist ein Wunsch nach Verbesserung -, wenn man
> dann nur die ewig gleichen Plattitüden a la "das muß wachsen", "das wird
> schon", "alles ist wichtig", "nur ja keinen einzigen Krumen Information
> verlieren, denn alles ist Wissen" zu hören bekommt.


Jaja, die angeblichen Plattitüden, wo harte  Klarheit gefragt wäre...

Und dies garniert mit der Klage, frau sei nach 8 Monaten bereits 
weichgekocht und der Härteste spätestens nach 3 Jahren. Da lach ich 
aber! Seid Ihr Euch eigentlich bewusst, wie kurz solche Zeiträume 
eigentlich sind?  Es wäre vollkommen unglaubwürdig, wenn die Wikipedia 
innerhalb eines Jahrfünfts von Null auch nur annähernd auf einen Stand 
kommen könnte, für den die grossen Flaggschiffe, denen man immer noch 
nacheifern will (was ohnehin eigentlich eine Fehlüberlegung ist), viele 
Jahrzehnte gebraucht haben.

Natürlich hält die Qualität mit diesem Wachstum zunächst nicht Schritt; 
ja, das offene Edit führt oft zu sprunghafter Verschlechterung.  Ja, der 
langfristige Erfolg (der LANGfristige) misst sich nicht am Zahlenbolzen 
der Artikelzahl, sondern daran, ob mehr als jeder 5. oder 10. Artikel 
wirklich ein Treffer ist. Und selbstverständlich ist Qualität im Modell 
der Wikipedia akut gefährdet, so wie die Entwicklung zur Zeit läuft. Man 
wird nicht darum herumkommen, sich damit auseinanderzusetzen (ich 
schrieb das bereits, und erntete nur ein gönnerhaftes "soso").

Die Situation sei so schlimm (oder hoffnungslos), dass hier die Drohung 
(oder Ankündigung) des Forks zu lesen ist, weil angeblich nur so die 
Qualität gerettet werden kann. Da kann ich nur sagen: Viel Glück beim 
Russischen Roulette! Denn da steckt ein kleiner Wurm drin. Klassische 
Enzyklopädien können die "Alten" viel besser und Fachlexika machen 
Fachleute genauer (nur setzen sich Verlage diesem Risiko heute nicht 
mehr aus). Nupedia und andere Unternehmen lassen zudem grüssen.

Die Alternative ist nicht die andere Wikipedia, sondern das Potential 
der real existierenden Wikipedia. Dazu braucht es, nicht alle hören es 
gerne (aber die, die hier reden, wiederholen es ständig), die 
konsequentere Umsetzung der bestehenden Instrumente (Löschen, Stub, 
Review, Qualitätsoffensive, Tutorate/Mentoring etc.), dazu neue 
Instrumente, etwa die Etablierung von Wissenspools oder fachlichen 
"Watchgroups" oder Netzwerken (es ist kein Naturgesetz, dass grosse 
Gebiete nur einzelne, logischerweise schnell überforderte und erschöpfte 
"Aufpasser" haben müssen) und halt eben Kleinarbeit, Geduld und wieder 
Kleinarbeit. Für diejenigen, die denken, ein Fork leiste das besser: 
Nichts anderes würde sie dort auch erwarten, nur auf dem Niveau Null.

Eine Garantie ist all das nicht (ist jemand so naiv?), eine 
Beschwichtigung, Uli, aber auch nicht, und ebensowenig, Henriette, ein 
weiches Geseiere. Aber das einzige Sinnvolle, wenn man sich entscheidet, 
hier zu bleiben.

Mit bestem Gruss

Lullus