[Wikide-l] Re: "Character assassination" auf en.wikipedia

Ulrich Fuchs mail at ulrich-fuchs.de
Do Dez 1 07:37:07 UTC 2005


Am Mittwoch, 30. November 2005 19:19 schrieb Christian Eyrich:
> Ulrich Fuchs wrote:

> Die WP schreibt zu [[Wiki]]: "Änderbarkeit der einzelnen Seiten durch
> jedermann" und "die von den Benutzern nicht nur gelesen, sondern auch
> online geändert werden kann". Jedermann und Änderung durch die Benutzer

Kuck in eine richtige Enzyklopädie, wenn Du ne richtige Definition haben 
willst ;-) 

http://www.wikiweise.de/wiki/Wiki

> (da die Benutzer jeder mit Webzugang ist, müsste also auch jeder mit
> Webzugang ändern können müssen). Ich weiß allerdings nicht, wie Ward
> Cunningham Wiki definiert(e).

Nicht als das, was die Wikipedia oder auch Wikiweise macht: Er sieht, sofern 
ich ihn richtig verstehe, ein Wiki nicht als Werkzeug zur gemeinsamen 
Texterstellung (Unterstützung des Produktes), sondern zur Kommunikation in 
Gruppen (unterstützung des Weges). Während Wikipedia, Wikiweise etc. zeigen, 
dass Wikis, richtiges Management vorausgesetzt, für ersteres durchaus 
geeignet sind, taugen sie für das, was Ward Cunningham in ihnen sieht, nur 
bedingt und nur für kleine Gruppen. 

> Gerade für die Wikipedia, die ja Wiki im Namen führt wäre es also recht
> seltsame vom Wikiprinzip abzurücken. Gut, wollen wir Wiki anders
> definieren? Aber was unterscheidet ein Projekt wie Wikiweise oder eine
> auf angemeldete Benutzer reduzierte Wikipedia von einer normalen
> Webseite (von der Organisation, nicht der Technik)?

Das sog. "Shared Display"-Pattern: Leute arbeiten gemeinsam an einem Text, 
haben die Änderungen der anderen mehr oder minder sofort vor Augen, und 
können über diese Änderungen außerhalb des Textes kommunizieren 
(Diskussionsseite). Wikis sind Werkzeuge für eine virtuelle Gemeinschaft. Aus 
welchen Personen eine virtuelle Gemeinschaft besteht, ist erstmal unabhängig 
von der Technologie "Wiki".

Eine Anmeldepflicht wäre für die Wikipedia aber sicher kein Heilmittel. Sie 
würde, wenn man die Hürden etwas höher legt (E-Mail-Bestätigung) bestenfalls 
den Vandalismus eindämmen (das allerdings würde sie ziemlich zuverlässig). 
Der ist nun zwar nervig, hat mit dem Hauptproblem der Wikipedia (mangelnde 
Qualität) aber nix zu tun. Das kriegt man nur in den Griff, wenn man sagt, 
was man an Texten haben will und was nicht, und sich wesentlich schneller 
traut, grausam zu sein bei den Benutzern, die nicht mitziehen. Bspw. stellte 
ich mit Entsetzen fest, dass ein eigentlich dauerhaft gesperrter Hans Bug 
wieder ungestraft aktiv sein kann. Wer Regeln auftstellt, aber keine 
Mechanismen hat, für ihre Einhaltung zu sorgen, kann es gleich lassen. 

Wikipedia funktioniert sicher sehr anarchistisch. Sie zeigt im positiven 
Sinne, dass die nicht-Organisation als Organisationsprinzip bis zu einer 
gewissen Größenordnung funktioniert. Sie zeigt aber auch, dass sie ab einer 
gewissen Größenordnung an Teilnehmern eben nicht mehr funktioniert. Dann 
läuft vieles nämlich über Erscheinungen wie Gruppenzwang, Mobbing, 
Geheimabsprachen, Wahlfälschung (Mehrfachidentitäten) etc., die sich in der 
Wikipedia ebenfalls wunderbar beobachten lassen. Viel Hintenrum-Methode. Da 
ist mir ne anständige Hierarchie ehrlich gesagt lieber.

Uli