[Wikide-l] Frage zur Kommunikation!

Rainer Zenz mail at rainerzenz.de
Mo Jun 14 01:19:34 UTC 2004


Deine Anfrage ist erstmal sehr allgemein. Ich antworte also auch mal 
allgemein als jemand, der seit ein paar Monaten intensiver dabei ist.

Daß man über die Mailingliste kommunizieren kann, merkst Du ja gerade 
... Das ist aber nichts, was für Wikipedia oder Wikis allgemein typisch 
wäre. Als zusätzliche Möglichkeit ist es aber eine gute Sache - 
Mailinglisten sind manchmal schneller, überschaubarer und persönlicher. 
So jedenfalls mein Eindruck.

Die Kommunikation über die Internetseite ist nicht nur möglich, sondern 
die Hauptsache bei Wikipedia. Das direkte, gegenseitige Korrigieren der 
Texte ist ja Kommunikation in sehr produktiver (wenn auch unvertrauter) 
Form. Nach meiner Erfahrung läuft das meistens sehr gut. Bei 
Unklarheiten oder Differenzen können Argumente auf der Diskussionsseite 
eines Artikels ausgetauscht werden. Ich habe da schon Diskussionen 
erlebt, die ganz hinreißend waren (Beispiel "Plänterwald", eigentlich 
ein Löschkandidat, den ich zu retten versucht habe, nur weil in meiner 
Nähe in Berlin der "Plenterwald" liegt. Ich hatte da keine Ahnung und 
auch im Netz war nicht viel zu finden. Da haben sich dann ein paar 
Forstexperten eingemischt und der Artikel dürfte sich zum 
vollständigsten und vielleicht besten zum Thema entwickelt haben. Und 
ich habe eine Menge gelernt.). Der Einschub war jetzt etwas lang ... 
Andere Diskussionen verhungern einfach. Man stellt ein Frage, macht 
einen Vorschlag, doch es kommt nichts. Das betrachte ich dann nach 
einer gewissen Schamfrist als Freibrief und tue, was ich für richtig 
halte.

Wirkliche Probleme gibt es bei Artikeln und Diskussionen, die 
Glaubensfragen betreffen. Weniger bei etablierten Religionen, die sind 
da meist souveräner, weil sie schon lange Diskussionen ausgesetzt sind, 
es betrifft vor allem (ich kann nur von meinen eigenen Erfahrungen 
sprechen) Dinge wie Alternativmedizin, Esoterik, politische Standpunkte 
usw. Wikipedia hat einen grundlegenden Widerspruch, der sich bei 
solchen Themen manifestiert: Das ganze Projekt entstand und lebt aus 
dem Geist der Aufklärung (und kann damit mit gewissem Recht als 
ideologisch bezeichnet werden), hat aber auch eine anarchische 
Struktur. Es werden folglich immer wieder Artikel geschrieben, die dem 
aufklärerischen Standpunkt widersprechen, was zu meist aussichtslosen 
Diskussionen führt. Das ist für beide Seiten extrem frustrierend, aber 
auch nicht wirklich zu lösen.

Zu Deiner letzten Frage: Zur Erarbeitung und Koordinierung eines 
Wissensbestands innerhalb einer mehr oder weniger großen Gruppe halte 
ich das Wiki-Konzept für die bisher beste Lösung.

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, schlage ich vor, Ihr sucht Euch ein 
ein Thema bei Wikipedia, mischt da eine Weile mit und seht was sich 
tut. Das ist nützlicher als alle Erfahrungsberichte anderer.

Rainer

PS: Ich fürchte, ich bin über Deine Fragen etwas hinausgeschossen. So 
kann's gehen, wenn man nachts aus dem Nähkästchen plaudert.