[Wikide-l] ToDo: Algoritmus zur URV-identifizierung
Agon S. Buchholz
asb at kefk.net
Do Feb 26 18:57:58 UTC 2004
Robert Michel wrote:
> Eine selbstkritsche Kultur pflegen und leiber auf Fakten verzichten
> - bei den Miterarbeiterinfos sollte stehen: Aktuelle Enzykopädien
> sind für die Erstellung von Beiträgen tabu, auch zweifelhafter Inhalt
> sollte mit Fachliteratur recherchiert werden und nicht durch einen
> Blick in z.B. den Brockhaus!
Ein interessanter Ansatz. Aber hast Du mal zufällig Lexika/Fachlexika
aus verschiedenen Zeiten miteinander verglichen? Da decken sich
beispielsweise ganze Passagen aus der Encarta mit dem (älteren) und als
einschlägig geltenden Brockhaus Riemann Musiklexikon oder sind nur
geringfügig umformuliert, dasselbe beim Data Becker Musiklexikon "World
of Classic Music". Texte zwischen dem alten (gemeinfreien) "Meyer" von
1888 decken sich natürlich teilweise mit dem in neueren Auflagen -- aber
dann auch noch mit dem Brockhaus multimedial. Frappierende
Übereinstimmungen gibt es auch zwischen dem alten Meyer und dem
Brockhaus Riemann Musiklexikon.
Besonders grob fallen einem die inhaltlichen und strukturellen
Übereinstimmungen auf, wenn man sich beispielsweise mit einer bestimmten
Biographie recht gut auskennt und dann bemerkt, dass nahezu alle
gängigen deutschsprachigen Lexika überraschenderweise dieselben
Lebensstationen erwähnen bzw. andere (nicht unbedingt unwichtige)
auslassen; vergleicht man das dann wieder mit nicht-deutscher Literatur,
sehen die Biographien dann teilweise völlig anders auf oder gewichten
Lebensstationen ganz anders. Die Beispiele liessen sich ohne Ende
fortführen.
Will sagen: Das gekonnte (umformulieren, Aufbau etwas verändern, Daten
aktualisieren, kleine Details ergänzen oder wegfallen lassen)
Abschreiben hat anscheinend Tradition, aber vielleicht lizenzieren die
Verlage die Inhalte ja auch seit mindestens einem Jahrhundert
wechselseitig von einander.
Beim Schreiben eines Artikels kann es m.E. jedenfalls durchaus hilfreich
sein, sich in einem gängigen Nachschlagewerk erst mal einen Überblick zu
verschaffen, was "die anderen" erwähnen. M.E. spricht auch absolut
nichts gegen das sorgfältige Paraphrasieren anderer Quellen, wobei
natürlich Primärquellen immer einem Fachlexikon und ein Fachlexikon
immer einem Universallexikon vorzuziehen ist.
Was uns halt einfach nicht passieren darf, sind *exakte*
Übereinstimmungen im Wortlaut, geklaute Bilder/ Illustrationen und
Großzitate, aber auch dazu haben wir ja unser Tausend-Augen-Prinzip.
Print-Quellen halte ich übrigens in den meisten Disziplinen für besser
als eine reine Web-Recherche; m.E. entstehen noch viel zu viele Artikel
ohne vernünftige Recherche in konventionellen Quellen, und so schleicht
sich vermutlich doch einiges an Mythen, Gerüchten und möglicherweise
falschen Zahlen/Daten bei uns ein, die dann wohl doch sehr lange drin
bleiben, bis sie mal jemand wirklich auskorrigiert (wobei letzteres ein
rein subjektiver Eindruck ist).
MfG -asb