[Wikide-l] Re: Die einzige Quelle?!
Ulrich Fuchs
mail at ulrich-fuchs.de
Di Dez 7 20:36:32 UTC 2004
> Oder wieso läßt du dich überhaupt auf so ein Konzept wie das der Wikipedia
> ein?
Du hast es noch immer nicht begriffen. Drum buchstabiere ich Dir es heute
nochmal vor, in der Hoffnung dann endlich von solchen blöden Fragen verschont
zu bleiben.
Das Konzept der Wikipedia war, als ich mich auf sie eingelassen habe, ein
anderes als heute. Die Schreiber waren andere als heute. Die Themen waren
andere als heute. Das sich gegenseitige Zuwerfen von gedanklichen Bällen
funktionierte und ließ die Artikel qualitativ wachsen. Heute wirft man sich
keine Bälle mehr zu, sondern lieber Pflastersteine aufeinander, die Artikel
wachsen nicht mehr, sondern verfetten. Leider denken die meisten, die heute
in der Wikipedia aktiv sind, dass das der ganz normale Zustand sei, und die
Wikipedia halt ein Wiki, von dem man nichts anderes und besseres erwarten
kann. Nun, heute ist das wohl so. Als ich bei Artikel 10.000 gestartet habe,
war es definitiv anders.
Diese Mailingliste ist das beste Beispiel - ich empfehle mal eine Lektüre des
Archivs dieser Liste im Hinblick auf die Postings, die sich mit dem
Verhältnis Wikipedia/Brockhaus beschäftigen. Man vergleiche die
diesbezüglichen Postings von vor zwei Jahren mit denen heute. Die
Verschiebung des Grundtenors der entsprechenden Postings von "in fünf Jahren
kann Brockhaus einpacken, weil wir als Team von aufgeschlossenen
Schreiberlingen mit gutem Fach- und gutem Allgemeinwissen aufgrund unseres
Wikiprinzips bessere Qualität zu liefern in der Lage sind" zu "Wir sind eine
andere Enzyklopädie, die man mit Brockhaus nicht vergleichen sollte, und die
eine ganz andere Rolle hat" ist deutlich wahrnehmbar. Nicht dass es mir darum
ginge, Brockhaus Konkurrenz zu machen - es ist aber bezeichnend für das
Selbstverständis der Wikipedia-Gemeinschaft, dass man sich zunehmend weiter
nach unten orientiert, statt an der Spitze (wir sind ja hier schon bei "wenn
unsere Artikel Abiturlevel erreichen, sind wir wunschlos glücklich"
angekommen).
Ich habe zwei Jahre gegen diesen Trend angekämpft, mittlerweile ist es mir zu
blöd. Zeit in das phänomenal gestarte Projekt "Wikipedia - die freie
Enzyklopädie(!)" zu stecken lohnt nicht länger, nun da es immer schneller von
einer Truppe Blindschleichen, die vom
gute-Texte-schreiben-und-zugänglich-ablegen so wenig Ahnung haben wie die Kuh
vom Tanzen, gegen die Wand gefahren wird. Und das, während die Leute, die es
einstmals (in ne andere Richtung) mit angeschoben haben, nur noch auf das
Prinzip Hoffnung setzen, und sich täglich einreden, dass schon alles nicht so
schlimm kommen wird, obwohl sie durch die Fakten (einfach mal gelegentlich
auf letzte Änderungen klicken und ächzen) eigentlich eines besseren belehrt
werden sollten.
Dinge, die ich mache und unterstütze, will ich gut machen - am Ende soll was
rauskommen, was sich sehen lassen kann. Eine Sammlung von Ortsstubs, Band-,
Anime-, Blockbuster- und Basteilübberomanfan-Artikeln, Schach- und sonstigen
Stellungen, wichtigtuerischen Selbstreferenzierungen, bunten Bildern und
inhaltsleerer Listenfaktenhuberei ohne Sinn und Zweck, zu der die Wikipedia
immer mehr mutiert, gehört sicher nicht dazu.
Uli