Brockhaus und Wikipedia (war [Wikide-l] Wikipedia in der Financial Times)

Ulrich Fuchs mail at ulrich-fuchs.de
Do Dez 2 08:08:52 UTC 2004


> Ich möchte das mal in ein kulinarisches Bild bringen.

> 1. Weise: Ich gehe zu "Brockhaus", dem Spitzenlokal
> ...
> 2. Weise: Ich koche selber

Der Vergleich hinkt leider - die Idee hinter der Wikipedia war mal, 
Spitzenküche auf Brockhausniveau für jeden Wissens-Feinschmecker bezahlbar zu 
machen. Auch ich gehe gerne gut essen - aber die paar hundert Euro, die ich 
bei einem Sternekoch für ein Spitzenmenü auf den Tisch legen muss, sind 
nunmal nicht drin. Genauso wenig wie vierundzwanzig dicke Brockhausbände.

Das sollte Wikipedia mal ändern. Ihre Idee war Wissens-Spitzenküche auf 
Niedrigpreisniveau. Die Idee war, Wissen zu demokratisieren - und zwar den 
Zugang, nicht die Erschaffung - denn das Wissen selbst ist nicht 
demokratisch: Viele brauchen es, aber nur wenige haben es.

Für Spitzenküche braucht man aber nun mal Spitzenköche - und die fehlen bei 
der Wikipedia. Das mag daran liegen, dass der Großteil der Kundschaft, die 
bei der Wikipedia reinschneit um mal billig probezuessen, an Junk Food 
gewöhnt ist. Matschburger und Pommes rot/weiß statt gebackener Tartar vom 
Kobe-Rind auf Straßburger Weißbrot an frittierten Patatenscheiben. Das 
Problem der Wikipedia ist aber im Unterschied zum Spitzenrestaurant, dass die 
Wikipedia diese Gäste auch in die Küche einlädt, um die nächsten Gäste mit zu 
bekochen. Da darf man sich halt nicht wundern, wenn die Küche der einmal als 
Spitzenrestaurant geplanten Wikipedia es heute nur noch fertig kriegt, einen 
Burger nach dem anderen tot zu karbonisieren.

Und schon fällt einem ein anderes kulinarisches Bild ein: Nämlich die 
Geschichte von den vielen Köchen und dem Brei...

Uli