Leon Weber schrieb:
On 11.02.2008 21:47:25, Kai F. Lahmann wrote:
Na, was erwartest du? Zumal der bayrische
Rundfunk wohl sogar verkündet
(so berichtete im Chat jemand), dass die gedruckte Version ganz
eingestellt wird... Also bitte: wir haben sie zwar extrem in Bedrängnis
gebracht, aber GANZ sind sie dann doch noch nicht platt - noch nicht ;)
Sie passen sich einfach dem Marktwandel an, im Gegensatz beispielsweise
zur Musikindustrie, die noch nicht einsehen will, dass sowas noetig ist,
und dann mit Urheberrechtsklagen etc. an veralteten Vertriebsmodellen
festzuhalten versucht. Beim Brockhaus war man wohl bisschen schlauer und
hat erkannt, dass das nur mit auf-ihre-Tradition-pochen nix wird. Und
dass jeder in Wikipedia nachschaut, obwohl da niemand dafuer garantiert,
dass das stimmt, was da steht. (Wie das da beim Brockhaus aussieht,
steht hier grad mal nicht zur Debatte.)
Ich denke aber nicht, dass "wir" (die Wikipedia) den Brockhaus allein
"platt" gemacht haben, sondern der Marktwandel einfach auch eine Folge
des allgemeinen Zuspruchs ist, den das Webzwonull und das ganze Internet
an sich, erfahren haben. Wir haben also allen zu danken, dass das
Weltwissen ab April ein Stueck freier wird, und nicht nur uns selbst.
Leon
Das sehe ich auch so. Von "platt machen" kann vorläufig gar nicht die
Rede sein, sondern vermutlich hat die Wikipedia eher gerade große
Konkurrenz bekommen (zu meiner Freude, da ich Konkurrenz für eine sehr
gute Sache halte, die die Entwicklung vorantreibt und letztlich den
Benutzern zugute kommt). Was würde passieren, wenn Lehrer ihren Schülern
in Zukunft raten "schaut für Eure Hausaufgaben nicht mehr in die
Wikipedia, sondern in den Brockhaus, den dürft ihr im Gegensatz zur
freien Variante auch offiziell für alle Schulzwecke benutzen". Dazu
müsste die Firma nur entsprechende Lobbyarbeit an den Schulen oder bei
Schulbuchverlagen leisten.
Meines Erachtens kann die "Marktführerschaft" der WP ganz schnell
angegriffen werden - warum die als unzuverlässige geltende Kopie
benutzen, wenn man doch auch das Original haben kann, ohne all die
Nachteile (ob die nun real sind oder nicht, spielt für die Überlegung
der Leser ja keine Rolle). Einfach darauf zu hoffen, dass für die
meisten Benutzer die schnelle Änderbarkeit das Killerargument ist dürfe
wohl reichlich naiv sein, denn der überwiegende Gebrauch der WP dürfte
wohl rein passiver Natur sein. Der Großteil der Leser will einfach nur
kostenlos an zuverlässige Informationen, woher er sie bekommt, ist ihm
völlig gleichgültig, ideologische Überlegungen fallen in der richtigen
Welt erfahrungsgemäß grundsätzlich zugunsten pragmatischer Überlegungen
unter den Tisch.
Sollte Brockhaus einen Weg finden, seine Enzyklopädie irgendwie leichter
zugänglich oder attraktiver zu gestalten als WP (ähnlich wie MS damals
den Explorer schon mit dem OS gebundelt hatte; nur natürlich auf ein
Lexikon zugeschnitten: z.B. bessere Multimedia-Präsentation,
Vorlese-/Podcast-Service, leichtere Kopierbarkeit der Texte, erheblich
besseres weil nicht gemeinfreies Bildarchiv, usw. usw., lauter Sachen,
die wir zum Teil gar nicht anbieten dürfen), dann würde es mich nicht
wundern, wenn uns ganz schnell ganz große Leserschichten in kürzester
Zeit wegbrechen. Eine Möglichkeit, danach wieder Geld mit ihrem Angebot
zu verdienen, finden die später immer noch (und wenn es nur sekundäre
Serviceangebote sind: Recherche, Artikelanlage, Hausaufgabenservice etc.
pp.).
Man sollte das lieber sehr genau beobachten, auf benutzerfreundliche
Innovationen sofort mit analogen Angeboten reagieren und mit
Überheblichkeit lieber sparen. Sonst geht ergeht es uns wie es vor
langer Zeit Apple mit dem PC erging.
Schöne Grüße,
Markus.