Hallo allerseits,
der in den letzten Jahren bei weitem am häufigsten genannte Kritikpunkt an der Arbeit von Wikimedia Deutschland ist die Kommunikation. Auch in den vergangenen Tagen ist dieses Thema in verschiedenen Diskussionsfäden dieser Liste aufgetaucht. Schon seit längerer Zeit habe ich den Eindruck, dass der immer wieder geäußerte Vorwurf "Der Verein (gerne auch: die Foundation) informiert so schlecht" sich mit den Jahren zu einer spezifischen Form der Wikimedia-Folklore entwickelt hat. Ein Vorwurf, der zu einem festen Bestandteil der Diskussionstradition geworden ist, nicht mehr hinterfragt wird und aus keinem Gespräch über den Verein wegzudenken ist.
Traditionen verbreiten immer eine gewisse Wärme des Vertrauten und trete hier nicht an, irgendjemandem die wohlige Wärme dieser ganz spezifischen Wikimedia-Folklore zu nehmen. Einige Fakten möchte ich aber dennoch in die Diskussion werfen:
1. Der Verein kommuniziert schlecht
Gleichen wir die Behauptung doch mal mit den Fakten ab: Im letzten Jahr
* wurde ein eigenes Wikimedia-Blog geschaffen (http://blog.wikimedia.de), das nahe am Geschehen von den wichtigsten Ereignissen berichtet und das auch Nicht-Vorstandsmitgliedern offen steht
* wurde der Wikimedia-Newsletter reaktiviert, der 2007 in drei hochinformativen, übersichtlichen und optisch gut gestalteten Ausgaben erschien
* wurden alle bisher erschienenen Newsletter in einem Archiv öffentlich zugänglich gemacht (dazu: http://blog.wikimedia.de/2008/03/11/wikimedia-offnet-newsletter-archiv/)
* wurde auf den verschiedensten Kanälen kommuniziert. Neben dem bereits erwähnten Newsletter und dem Blog waren dies die beiden Mailinglisten (VereinDE-l und WikiDE-l), der Kurier und die Seite "Fragen zur Wikipedia"
* wurden Wikipedianer zu einem "Tag der offenen Tür" eingeladen (eine Einladung, der bezeichnenderweise niemand nachgekommen ist)
* fand der erste "Communitytag" in Frankfurt am Main statt, der explizit dem Austausch von Vereins- und Communitymitgliedern diente und zu dem auch Nicht-Vereinsmitglieder herzlich eingeladen waren.
Hinzu kommt, dass der Vereinsvorstand wohl noch nie so viel Energie in seinen Jahresbericht gesteckt hat, wie in diesem Jahr. Der Bericht ist informativ, optisch ansprechend gestaltet und gibt vor allem den Spendern einen ausgezeichneten Einblick, wofür die Gelder verwendet werden. Kurzum: Das Ergebnis kann sich sehen lassen - und das ist auch gut so.
Um ein Zwischenfazit zu ziehen: ich bin persönlich in einer Reihe von Vereinen aktiv. Kein anderer nutzt so viele Kommunikationskanäle und hält mich so gut über die Geschehnisse auf dem laufenden wie Wikimedia Deutschland. Kein anderer wird gleichzeitig so stark für seine schlechte Kommunikation gerügt.
2. Die Foundation: noch schlimmer als der Verein?
Gestern hieß es, dem deutschen Verein Geld zu spenden, sei schließlich besser "als dass das Geld irgendwohin nach Amerika fließt wo es irgendwo versickert". Der "amerikanische Verein" sei "vielen zu untransparent".
Hier zeigt sich das selbe "Wir sind sooo schlecht informiert"-Argumentationsmuster. Wer die Entwicklung insbesondere des letzten Jahres mitverfolgt hat, reibt sich auch hier verwundert die Augen. Hat ja die Foundation seit dem Amtsantritt von Sue Gardner verstärkt auf Transparenz gesetzt. Zudem hat genau vor sieben Tagen die Foundation ihren Jahresplan für 2008/2009 vorgelegt und dies auch öffentlich kommuniziert:
http://lists.wikimedia.org/pipermail/foundation-l/2008-July/044462.html
Da gibt es eine genaue Auflistung, welche Ziele sich die Foundation für das kommende Jahr gesetzt hat und zu welchen Zwecken die Einnahmen 2008/2009 verwendet werden sollen. Eine eigene Seite mit Fragen und Antworten erleichtert den Einstieg ins Thema. Was also bleibt auch bei der Foundation übrig von dem Vorwurf der Intransparenz? Oder folgt der Vorwurf womöglich der gleichen Traditionslinie, von der auch der deutsche Verein betroffen ist?
Eine Schlussbemerkung sei mir noch erlaubt: die immer wieder an die Wand gemalte Distanz zwischen "Community" und "Verein" ist seit der Gründung des Vereins mehr und mehr zusammengeschmolzen. Aus der Ferne ist eine Nähe geworden: von den mittlerweilen mehr als 420 Vereinsmitgliedern gehört ein erheblicher Anteil der Gruppe an, die ich persönlich als "Kerncommunity" bezeichnen würde. Das war vor zwei Jahren noch anders. Sicherlich: eine vollständige Deckungsgleichheit zwischen beiden Grupen gibt es nicht und wird es nie geben - wer heute vom Verein spricht, meint damit aber schon längst nicht mehr das kleine Grüppchen, das es noch vor Jahre war, sondern eine wachsende Zahl von Mitgliedern jener Kerncommunity, die Wikipedia maßgeblich trägt und voranbringt.
Herzliche Grü0e Frank
2008/7/8 Frank Schulenburg frank.schulenburg@gmail.com:
Gleichen wir die Behauptung doch mal mit den Fakten ab: Im letzten Jahr
- wurde ein eigenes Wikimedia-Blog geschaffen
(http://blog.wikimedia.de), das nahe am Geschehen von den wichtigsten Ereignissen berichtet und das auch Nicht-Vorstandsmitgliedern offen steht
- wurde der Wikimedia-Newsletter reaktiviert, der 2007 in drei
hochinformativen, übersichtlichen und optisch gut gestalteten Ausgaben erschien
- wurden alle bisher erschienenen Newsletter in einem Archiv
öffentlich zugänglich gemacht (dazu: http://blog.wikimedia.de/2008/03/11/wikimedia-offnet-newsletter-archiv/)
Blog und Newsletter sind sehr gut, und sollten mehr publik gemacht werden.
Leider erwaehnt keine(s/r) der beiden die Bertelsmann-Kollaboration. Vielleicht hab' ich es auch nur nicht gefunden. Das Blog sollte 'ne Suchfunktion bekommen...
(Das soll kein Verein-Bashing sein, aber messen wir doch mal am aktuellen Beispiel.)
Magnus
Hallo,
Am 08.07.2008, 11:42 Uhr, schrieb Frank Schulenburg frank.schulenburg@gmail.com:
der in den letzten Jahren bei weitem am häufigsten genannte Kritikpunkt an der Arbeit von Wikimedia Deutschland ist die Kommunikation. Auch in den vergangenen Tagen ist dieses Thema in verschiedenen Diskussionsfäden dieser Liste aufgetaucht.
das Problem wird auch die nächsten 10 Jahre auftreten, denn es ist ein unlösbares. Auf der einen Seite steht "die Community" auf der anderen Seite Firmen wie Directmedia oder Bertelsmann. Diese können einfach den Großteil "neuer Sachen" nicht sofort offen kommunizieren. Das ist in der Wirtschaft so und auch wenn wir uns mehr "OpenComComs" [1] wünschen: Wenn wir die Verbreitung unserer Inhalte wollen - und das sollte das Ziel eines jeden sein - dann müssen wir damit leben.
Geht nun eine Firma mit ihren Ideen auf "die Community" zu, dann weiß es jeder, es gibt halt keine abgeschlossene Community, also wendet sie sich an eine abgeschlossene Institution. In den Anfangstagen waren das einige Wikipedianer, die andere zusammengetrommelt haben, irgendwann hat sich der Verein gegründet und selbst ein zukünftiger "Autorenbeirat" wäre eine solche abgeschlossene Gruppe. Der Zeitpunkt der Information "der Community" und der Medien liegt naturgemäß nah beieinander. In diesem Fall ist auch nicht viel schiefgegangen, da die Community im Fall des "Einbänders" mehrere Stunden vor der Pressemitteilung informiert wurde.
Trotzdem fühlen sich diejenigen Communitymitglieder, die nicht im Informationsboot saßen, benachteiligt. Auch das ist völlig verständlich. Es gibt nur halt keine Möglichkeit zur Lösung. Das wird zukünftig bei jeder Kooperation passieren, aber ohne Kooperationen laufen keine Server bzw. zu wenige: Spenden sind halt nicht alles.
Zusammenfassend: 1. Serverbetrieb braucht Geld 2. Spenden reichen nicht -> Firmen-Kooperationen 3. Firmen können nicht sofort in der Öffentlichkeit agieren 4. Ein Teil der Community erfährt erst spät etwas 5. Dieser Teil der Community regt sich über die Informationspolitik auf
Es gibt keine Lösung und ich postuliere hiermit das Gesetz, dass nach jeder Kooperationsankündigung nach spätestens zwei Wochen der Vorwurf der Intransparenz gegenüber dem Verein auftaucht... ;)
Grüße, Christian Thiele / APPER