Mathias-
Wie gesagt, wir haben in der physischen Welt einige Dinge zu knacken, etwa brockhaus und so.
Wohl wahr. Aber die Marke Brockhaus ist in erster Linie das - eine Marke, die durch gezieltes Marketing aufgebaut wurde als "vertrauenswürdig". Ob sie das dann wirklich auch immer ist, sei dahingestellt. Um nur ein Gegenbeispiel zu nennen - im Brockhaus wird immer noch zum Reichstagsbrand die Einzeltäterhyptohese vertreten, die in Deutschland in den 60er Jahren gezielt in die Medien und Geschichtsbücher lanciert wurde. Wikipedia ist da deutlich differenzierter und bringt auch den direkten Link auf die Arbeit von Bahar und Kugel.
Oder auch Britannica: Dort heißt es zum Thema Beschneidung, es handle sich dabei um ein wirksames Mittel gegen Peniskrebs. Tatsächlich basiert diese Behauptung auf einer pseudowissenschaftlichen Untersuchung aus dem Jahr 1932, in der Beschneidung auch für Epilepsie und Masturbation empfohlen wurde. Auch hier hat Wikipedia natürlich die Nase vorn.
Dennoch finde ich immer wieder Fehler in Wikipedia-Artikeln, die so in klassischen Enzyklopädien nicht auftauchen würden, weil sie einfach auf schlampige Arbeit zurückgehen - falsche Daten und Namen, falsche Behauptungen, die ohne Gegencheck von irgendeiner Website rüberkopiert wurden, einseitig propagandistische Absätze, die von irgendeinem anonymen Heinz reingewurschtelt wurden. Einzelne Autoren an einem langen Artikel wie "Erster Weltkrieg" konzentrieren sich meist auf ihr eigenes Stückchen Text. Dabei ignorieren sie nicht nur bestehende Fehler in anderen Textteilen, sondern schaffen oft inhaltliche und stilistische Widersprüche oder Redundanzen.
Kurzum: Was fehlt, ist ein gediegener "Peer Review" Prozess. Dabei auf den "intelligenten Leser" zu verweisen, der doch bitte selber recherchieren möge, ist eine billige und höchst plumpe Ausrede, die eines Wikipedianers unwürdig ist. Auch der "Wiki-Prozess" allein hilft hier nicht weiter, weil ja schließlich ständig neues Material hinzukommt, das mit dem existierenden in Einklang gebracht werden muss.
Die Qualitätsoffensive ist ein Schritt in die richtige Richtung. So etwas muss m.E. durch die Software erleichtert und beschleunigt werden, außerdem muss aber auch ein klarer "Track Record" existieren, wer wann warum den Artikel wie bewertet hat, und es müssen Regeln definiert sein, wie bei Dissens zu verfahren ist.
Nachdem wir nun auf de: und en: die Größenordnung ernsthafter Enzyklopädien erreicht bzw. weit überschritten haben, muss diese qualitative Arbeit in den Vordergrund treten. Unser nächster Meilenstein nach der 100K muss lauten: 10.000 exzellente Artikel!
Weitere Gedanken von mir dazu unter http://en.wikipedia.org/wiki/User:Eloquence/Platform
Viele Grüße
Erik