Am 16.02.2008 um 16:17 schrieb Mathias Schindler:
Eine unfreie Enzyklopädie im Netz hätte im Zweifel 2001 dafür sorgen können, dass ein freies Enzyklopädieprojekt nicht die nötige Menge an Nutzern hätte erreichen können. Ich bedanke mich daher regelmäßig bei Brockhaus für ihre Engstirnigkeit und ihren Versuch, im Netz die Kunden kostenpflichtig abziehen zu wollen. Kein anderes Mittel (neben dem konsequenten Offlinenehmen von Anfütterinhalten) hätte es geschafft, die Notwendigkeit freier Lizenzen darzulegen.
Ich wundere mich über das beliebte „Brockhaus-Bashing“. Das ist ein Verlag mit bezahlten, qualifizierten Mitarbeitern, der über Jahrzehnte Allgemeinwissen auf die einzig verfügbare Methode zur Verfügung gestellt hat – in Form von Büchern. Durchaus auch bezahlbar, der dtv-Brockhaus hat in den 80ern 200 Mark gekostet. Ich bin diesem Verlag sehr dankbar für seine Leistungen. Als Kind konnte ich zuhause in einem zwölfbändigen nachschlagen, als Student in der Taschenbuchausgabe, die Enzyklopädie habe ich dann abonniert und mich über jeden Band gefreut. Und das tue ich auch heute noch. Schöne, sorgfältig gemachte Bücher mit nützlichem Inhalt, keine Reklame. Der Brockhaus hat meine Liebe zu Lexika und Enzyklopädien geweckt.
Mitte der 90er kam das Internet gerade erst richtig in Fahrt samt Platzen der Internetblase am Ende des Jahrzehnts. 2001 konnte keiner der Wikipedianer auch nur annähernd ahnen, was aus dem Projekt werden würde (Nupedia nicht zu vergessen, das grandios gescheitert ist). Von Nupedia kommend, hielt auch ich die Wikipedia für einige Zeit für höheren Blödsinn, der Anfang war tatsächlich nicht sehr vielversprechend. Brockhaus *konnte* das damals gar nicht als Konkurrenz sehen. Die – skeptische – öffentliche Aufmerksamkeit kam auch erst Jahre später.
Es ist mittlerweile klar, dass die klassischen Medien ein Problem haben, genauer: die Anbieter von Inhalten, die aus klassischen Medien kommen. Für Häme sehe ich da keinen Anlass. Es wäre sicher ein großer Verlust, wenn wichtige Verlage, Zeitungen usw. den gegenwärtigen Wandel, der durchaus mit der Erfindung des Buchdrucks zu vergleichen ist, nicht überstehen würden.
Gruß, Rainer