Zum Thema, aber ohne Bezug auf ein spezifisches Mail:
Ich vermute mal, die individuellen Reaktionen auf "Autor" versus "AutorInnen" sind abhängig vom (a) persönlichen Sprachempfinden und (b) persönlichen Erfahrungen.
Zu (a) - Vor einigen Jahren hat eine Kammervorsitzende des Frankfurter Anwaltvereins die Satzung geschlechtsneutralisiert; von vorn bis hinten waren überall die Doppelformulierungen "Rechtanwältinnen und Rechtsanwälte" und "Referendarinnen und Referendare" zu lesen. Mein persönliches Sprachempfinden war: Das klingt gerade so, als seien die Rechtanwältinnen gar keine "richtigen Rechtsanwälte", sondern irgend etwas anderes ...
(NB zu Iljas "Chevalier der Ehrenlegion": Eine französische Anwältin wird garantiert ziemlich sauer, wenn man sie nicht mit "Maître" anredet, sondern mit der weiblichen Form.)
zu (b) - Zwischen Männern und Frauen gibt es - soweit ich das feststellen kann - gewisse Unterschiede. (Z.B. sind deutlich mehr Männer als Frauen befähigt, zwölf Bier zu trinken, eine Glatze zu kriegen und Fußball toll zu finden.) Allerdings werden diese Unterschiede - soweit ich das feststellen kann - in der modernen Gesellschaft objektiv weitgehend irrelevant, soweit sie nicht den Bereich der Fortpflanzung (einschließlich seines sozialen und wirtschaftlichen Umfeldes) betreffen. Dessen ungeachtet sind Frauen in vielen Bereichen deutlich unterrepräsentiert, obwohl ihre Biologie für diese Bereiche nicht relevant sein sollte (vom Baggerfahrer bis zum Vorstandsvorsitzenden). Ob dies vorwiegend an der Old-Boys-Männerherrschaft oder (auch) an den zu weichen Ellenbogen der Frauen liegt, weiß ich nicht.
Ich glaube aber, dass eine Sprachregelung nur die Sprache und sonst nicht viel ändert: Wenn aus den "Krüppeln" im Lauf der Zeit "Behinderte" oder "körperlich Benachteiligte" werden, dann bleibt das window dressing, solange sich sonst nichts ändert. Allerdings habe ich keine eigenen Erfahrungen in Sachen Geschlechtsdiskriminierung (außer dem üblichen "Ein Mann versteht das sowieso nicht" etc.) und kann daher vermutlich tatsächlich nicht mitreden. Ich vermute aber, dass negative Erfahrungen eine gesteigerte Empfindlichkeit für Diskriminierungspotentiale hervorrufen kann. Inwieweit im Enzelfall eine reelle Diskriminierung existiert, darüber kann man ewig diskutieren ... (siehe oben).
Auf der Startseite kann man ruhig schreiben: "Uns ist jeder Autor willkommen, und die Autorinnen erst recht." Für wichtiger halte ich es aber, dass nicht so sehr die Sprache, sondern das Verhalten selbst sich ändert: Wenn Frauen (und Männer!) entschiedener gegen Diskriminierung einschreiten, wird sich mehr ändern, als wenn man alle Verkehrschilder umschreibt zu "RadfahrerInnen absteigen". Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.
Grüße vom "Idler"