Hallo Olaf,
ich teile nicht alle Aspekte deiner Analyse (insbesondere ist sie mir
viel zu pessimistisch), insbesondere was die pessimistische Grundhaltung
aber auch die vermeintliche Gegensatz Gründer des Vereins - Mitglieder
angeht. Tatsächlich wird nach der jetzigen Mitgliederversammlung von den
ursprünglichen Vorstandsmitgliedern niemand mehr dabei sein. Ich selbst
bin seit 2007 dabei und habe jedes Jahr Zu- und Abgänge gesehen. Allein
in einem Abschotten der "Gründer" von der Entwicklung des Vereins kann
man deine Unzufriedenheit und die einiger anderer nicht erklären.
Allerdings wirft deine Analyse einige Fragen auf, die bisher nicht
gestellt und erst recht nicht beantwortet wurden. So gab es zu diesen
Fragen noch auf keiner Mitgliederversammlung eine Diskussion, auch nicht
auf der letzten. Sie tauchten auf dieser Liste aber vermehrt in der
Diskussion auf, die ursprünglich mal mit den Ergebnissen der AG
Verantwortungsstruktur begann:
* Was bedeutet es eigentlich, Mitglied des Vereins zu sein?
* Welche Mitwirkungsmöglichkeiten gibt es als Mitglied? Welche gibt es,
die Nichtmitglieder nicht haben (von Vorstandswahl und MV abgesehen)?
* Soll es abseits vom Vorstand Strukturen zur gemeinsamen Arbeit geben?
* Welche Erwartungen hab ich als Mitglied vom Vorstand, vom
Geschäftsführer, von den Mitarbeitern, von der Mitgliederversammlung?
* Wo verortet sich der Verein im Spektrum zwischen mitgliederzentrisch
und vorstandszentrisch? Damit ist die Frage gemeint, ob Initiativen und
Vorschläge aus den Mitgliederschaft kommt und es auch gemeinsame
Projekte zwischen Mitgliedern unabhängig vom Vorstand gibt. Oder ob in
der Regel die Mitarbeit und Mitwirkung vom Vorstand ausgeht und eine
aktive Partizipation sich faktisch auf die Leute beschränkt, die sich
zum Vorstand aufstellen und wählen lassen.
Gerade die letzte Frage ist essenziell. Wikimedia Deutschland ist seit
mindestens 2007 (ich vermute schon vorher, war aber nicht dabei) eher
vorstandszentrisch. Alle bisherigen Versuche in den Jahren 2007 bis
2009, daran etwas zu ändern, sind, so drastisch muss man es wohl sagen,
klar gescheitert.
Tatsächlich stellt sich dabei auch diese philosophische Frage: ist es
bei einem Verein, der eng mit einem für alle ohne Anmeldung
offenstehenden Projekt verbunden ist, wirklich sinnvoll, die
Vereinsmitgliedschaft als Voraussetzung für Mitwirkungsmöglichkeiten zu
erklären, wo sie inhaltlich nicht zwingend erforderlich ist?
Diese Frage mag alle die verblüffen, deren Ursprung nicht die
Wikimedia-Projekte sondern das deutsche Vereinsleben ist. Da, wo es
selbstverständlich is, dass man Mitglied sein muss, um mitzugestalten
und mitzureden. Sie ist aber keineswegs so ungewöhnlich, wenn der
Ursprung die Wikipedia ist und man deren offenes System als allgemeines
Arbeitsmodell versteht, das auch auf den Verein übertragen werden soll.
Wenn man letzterem folgt, dann sind die Mitglieder und die Community
tatsächlich gemeinsam die Freiwilligen, die sich für freies Wissen
begeistern und an deren Förderung mitwirken wollen. Dann ist es zum
Beispiel durchaus sinnvoll, dass diese Mailingliste, der Blog, oder ein
offenes Wiki als Kommunikationsmittel verwendet werden. Oder dass die
Planungsteams für den Kompass nicht nur aus Mitgliedern sondern generell
aus Freiwilligen bestehen sollen.
Folgt man dagen dem "traditionellen" Ansatz, dann wären geschlossene
Mailinglisten und Foren, mehrere Mitgliederversammlungen, umfangreicher
interner Austausch zwischen Vorstand und Mitgliedern über so ziemlich
alles das, was man für selbstverständlich halten würde.
Meiner Meinung nach kann man darüber durchaus unterschiedlicher Meinung
sein. Beide Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile, die man einfach mal
offen bewerten und diskutieren sollte. Fatal ist es aber, diese
unterschiedlichen Ansätze jeweils als Selbstverständlichkeit zu
begreifen und sich dann zu ärgern, wenn sie von anderen nicht als solche
betrachtet werden bzw. nicht danach gehandelt wird.
Was man an der derzeitigen Situation meiner Meinung nach völlig
unabhängig von diesem Gegensatz durchaus kritisieren kann, sind die
allgemein unterentwickelten Mitwirkungsmöglichkeiten. Dass es die bisher
nicht gibt, liegt zum einen in einer gewissen Desillusion im Vorstand
(ständiges Scheitern motiviert nicht), zum anderen aber auch daran, dass
es seitens der Mitglieder bis Herbst letzten Jahres einfach keine klaren
Wünsche oder Forderungen diesbezüglich gab. Das alles hat mitnichten
etwas damit zu tun, dass sich der Vorstand irgendwie vorsätzlich
abschotten wolle oder Prozesse verschlafen hätte.
Letzlich bringt es aber nicht viel, sich lange mit dem zu beschäftigen,
was gewesen ist. Jetzt geht es darum, dass wir uns überlegen, wie die
Zukunft des Vereins aussehen soll. In dem Verein, den ich mir persönlich
vorstelle:
* haben wir eine offene, für ehrenamtliches Engagement attraktive
Struktur, in der Leute aus der Community der Wikimedia-Projekte genauso
ein Zuhause finden wie diejenigen, die "nur mal" 20 Euro spenden
* ist Mitwirkung problemlos möglich, weil es unabhängig vom Vorstand
Arbeitsgruppen und Projekte gibt, die von engagierten Freiwilligen
geleitet und von der Geschäftsstelle materiell unterstützt werden
* gibt es zu Mitgliederversammlungen eine Vielzahl von Anträgen seitens
der Mitglieder (vorbereitet etwa in den genannten Arbeitsgruppen), die
sich mit inhaltlichen Themen und Grundsätzen beschäftigen, statt mit
Formalia und Verfahren
* kann die Mitwirkung auch über verschiedene Ebenen steigen und so
sichergestellt werdenn, dass es immer "Nachwuchs" für und damit auch
Abwechslung im Vorstand gibt
Diese Punkte will ich hier nicht nur als meine Ideen oder soetwas
darstellen. Das sind alles Dinge, die der Vorstand insgesamt will und
sich demzufolge auch im Kompass 2020 wiederfinden
(
http://meta.wikimedia.org/wiki/Kompass_2020/Freiwilligenf%C3%B6rderung).
Mein Vorschlag wäre daher auch an alle, die sich mit diesem
Themenkomplex beschäftigen wollen: beteiligt euch am Sonntag, 9. Mai am
Planungsteam Freiwilligenförderung. Bezüglich der Übernahme von
Übernachtungskosten von Samstag zu Sonntag wird Pavel in Kürze hier noch
etwas schreiben. Grundsätzlich sollen Übernachtungskosten aber kein
Hinderungsgrund für irgendjemanden sein, sich am Sonntag an den
Planungsteam zu beteiligen.
Beste Grüße
Sebastian Moleski
Erster Vorsitzender
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