Ziko schrieb:
beim Bildfilter geht es um nur eine Sache: ein Individuum möchte/kann
bestimmte Bilder nicht sehen. Das ist alles. Es hat nichts mit
Bevormundung, Kindersicherung oder gar Zensur und Bücherverbrennung zu
tun.
+++
ich weiß nicht, ob das stimmt. Es geht tatsächlich darum, dass wir angenommenen
Lesergruppen begegnen, und dass wir dazu konkrete Benutzer aufrufen, als deren
Interessenvertreter zu agieren. Wir erklären uns selbst dabei zuvorkommend für
tendenziell obszön, frivol, irreligiös, anstößig und verletzend und machen
weiterreichende Angeboten, wie die Interessenvetreter die Rechte der
angenommenen Benutzer bei uns wahren. Wir bieten mithin selbsternannten
Interessenvertretern an, bei uns für "minder tolerante" Leser tätig zu werden,
denn ich gehe einmal davon aus, dass wir hier kein Ding bauen von der Sorte:
dieses Bild möchte ich persönlich nie wieder sehen (gegen ein solches Tool hätte
ich gar nichts - indes wäre das eben ein Tool, bei dem man sich selbst alles,
was man nicht sehen will, erstmal anschauen muss).
Auf den ersten Blick sieht es demnach so aus, als ob wir hier nur der guten
Gastgeberpflicht nachkommen, mit der ich selbst Vegetariern Fleisch erspare,
Moslems und Juden das deutsche Hausschwein und meinen deutschen Landsleuten die
gebratene Hauskatze (letzteres als leidenschaftlicher Koch sehr schweren
Herzens).
Denken wir es am Artikel Roman durch, der bis heute auf de.wp und en.wp
unbeanstandet läuft (dort [[novel]]. Lange sah es so aus, als ob die Perser ihn
schlicht übersetzen wollten - ich sehe soeben, dass das nicht mehr der Fall ist:
http://ps.wikipedia.org/w/index.php?title=%D9%86%D8%A7%D9%88%D9%84&diff…
Spielen wir Lösungen durch: Wir können einen Balken oben drüber setzen, dass der
Artikel eine Abbildung enthält, die bestimmte Personen einer
Gruppenzugehörigkeit vielleicht nicht gerne sehen wollen (aber nicht sagen,
welche Bilder) - prekär, wir müssen eigentlich bereits oben im Balken die
Möglichkeit zum Wegklicken geben. Wir sollten klärend darübersetzen, dass der
Artikel sexuell anstößige Abbildungen enthält, auch Bücher nennt, die die
religiösen Gefühle von Moslems verletzen. Andere Möglichkeit: wir erfassen das
anstößige Bild auf Commons, und wer seinen WP-Browser entsprechend
vorselektierte, sieht es nicht.
Was passiert danach?
Ich werde als Hauptautor eine Debatte führen müssen, warum ich überhaupt diese
''Fanny Hill'' Abbildung darin haben will. Ganz ehrich: Der Artikel
funktioniert
auch ohne sie. Wenn der Warnbalken darüber steht, werde ich das Bild rausnehmen,
da ich es doch nicht gut heißen kann, wenn Lehrer Schülern empfehlen, einen
Artikel zu lesen, auf dem ein solcher Balken steht. (Schlimmer ist, dass die
''Satanischen Verse'' erwähnt werden, wir haben hier eine Fatwa und das
offene
Bekenntnis seitens iranischer und nicht nur iranischer Autoritäten und deren
Anhängern, dass sie das ganze Buch verletzt, und dass sich todeswürdig verhält,
wer an der Verbreitung beteiligt ist.)
Ich lade schon jetzt diese Debatten ein - stimmt. Aber sie fanden noch nicht
statt, da die Generaldebatte nicht angesagt war. Bislang mochten ein paar
Schüler glucksen, mehr war nicht, davon gehe ich aus. Sobald indes klar ist,
dass der Artikel "Anstößiges" enthält - von uns aus klargestellt, werde ich
diese Debatte intern führen müssen, da unklar ist, wieso ein Artikel dieser
Bedeutung für den Schulunterricht so bebildert sein muss.
Ich gestehe: Es gibt keinen guten Grund dafür, und darum werde ich das Bild in
der Diskussion es rausnehmen, um Anstößigkeit zu vermeiden. Warum ich es bislang
überhaupt drin habe? Eigentlich vor allem, weil ich gegen die gesellschaftsweite
Suche nach Sensibilitäten bin, bei der wir zum angeblichen Minderheitenschutz
einzelnen Interessengruppen Plattformen eröffnen, auf denen sie die öffentliche
Wahrnehmung verändern. Wer vermutet, wir würden immer liberaler und gelassener,
oder stumpften gar ab, da heute alles überall gezeigt wird, der täuscht sich. In
den 1970ern war Sex ganz anders öffentlich präsent (nicht in der Quantität, ich
betone: anders, provokanter, witziger) - heute grassiert er in Schmuddelecken
leichter zugänglich und härter und mir gefällt diese Tendenz nicht, weil es im
selben Moment viel mehr Aktionen neuer Sittenwächter gibt in der ganze
Bandbreite bis zu Gattinnen hoher Politiker, die im Fernsehen offen Konsumenten
von Kinderpornos jagen.
Ich glaube, es ist schlecht, die ganze Debatte als eine offizielle
Grundsatzdebatte zu implementieren und von allen Bildeinstellern eine
Vorselektion zu verlangen - oder einer speziellen Task-Force die Nachselektion
nahezulegen. Wir werden dabei insgesamt eine Doppelmoral aufbauen, wo bislang
die punktuelle indes offene Debatte angesagt war. Vor der Doppelmoral habe ich
Sorgen, und das diskutierte Tool ist exakt eines das zu ihr aufruft,
Olaf
Ziko van Dijk <zvandijk(a)googlemail.com> hat am 13. September 2011 um 13:23
geschrieben:
Liebe Leute,
beim Bildfilter geht es um nur eine Sache: ein Individuum möchte/kann
bestimmte Bilder nicht sehen. Das ist alles. Es hat nichts mit
Bevormundung, Kindersicherung oder gar Zensur und Bücherverbrennung zu
tun. Wer so schreibt, zeigt Mängel in seiner historisch-politischen
Bildung und fehlenden Respekt gegenüber Menschen, die tatsächlich
unter Zensur leiden. (Godwin's Law.) Den Zensoren im Iran oder in
China ist der Bildfilter völlig egal, die haben andere Mittel.
Die Sichtweise "wir aufgeklärten Europäer gegen die prüden Amerikaner"
offenbart einen Minderwertigkeitskomplex, den man in den Niederlanden
als Calimero-Effekt bezeichnet. Wer sich klein und schwach fühlt, der
erklärt sich selbst für moralisch und gebildet und den anderen für
böse und dumm.
Man darf sich ferner getrost fragen, inwieweit der Bildfilter eine
Angelegenheit der Community oder des Vereins ist. Wir bestimmen ja
auch nicht per Mitgliederversammlung, welche Formate, Editors,
Vorlagen, Ethik-Richtlinien usw. in der de.wp genehm sein sollen.
Besten Gruß
Ziko
--
Ziko van Dijk
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