Hallo Rainer,
2011/10/7 Rainer Knaepper rainer@smial.prima.de
Die meisten (potentiellen) Partner _wollen_ die Bilder aus dem Wettbewerb weiternutzen, schon die doch recht simplen CC-BY-SA-Bedingungen stellen häufig eine Hürde da.
Die Hürde liegt beim CreativeCommons-Lizenzzoo. Aber das erklärte ich ja schon mehrfach.
Eben genau nicht: Alle auf Commons zugelassenen CC-Lizenzen lassen sich korrekt verwenden, wenn man die CC-BY-SA-Bedingungen beachtet: Namens- und Lizenznennung, die Weitergabe unter gleichen Bedingungen spielt in der Praxis selten eine Rolle, da geht es meist nur um Abdrucken/Verwendung.
Die Tatsache, dass man dann gleich seine ganze Präsentation oder Veröffentlichung auch unter eine freie Lizenz stellen muss, schreckt nicht nur ab, sondern verhindert in sehr vielen Fällen auch die Verwendung: Wenn ich beispielsweise eine Veröffentlichung bei einer Zeitschrift einreiche, kann ich keine Bilder verwenden, deren Lizenz das fordert.
Bis dort eine gewisse Sicherheit herrscht, dauert es meist etwas. Es ist dann schlichtweg nicht auch noch zu vermitteln, dass es in dem ganzen Lizenz-Zoo auch noch einzelne Bilder gibt, für die diese Bedingungen nicht ausreichend sind - ganz schnell wird dann aus Unsicherheit auf die Nutzung _aller_ Bilder verzichtet.
Das halte ich für eine unzulässige Projektion.
Es ist - nicht nur meine - Erfahrung in der Praxis. Wer gegenteilige Erlebnisse hatte, möge davon berichten.
Und dann sinkt natürlich auch die Bereitschaft, einen solchen Wettbewerb zu unterstützen.
Ehrlicher wäre dann gewesen, CC0 vorzuschreiben. Aber dann wären es eventuell weniger Einreichungen geworden?
CC-0 fehlt die Weitergabe unter gleichen Bedingungen, die ja den "viralen" Charakter ausmachen. Das halte ich im Zusammenhang mit freiem Wissen für sehr wichtig: Es lebt einerseits davon, dass Werke möglichst uneingeschränkt verwendet und verändert werden können, gleichzeitig (so gewünscht) auch dem Urheber Respekt gezollt wird und dieses Teilen auch fortgesetzt wird - es soll ja kein Selbstbedienungsladen ohne Gegenleistung sein. Diese Anforderungen erfüllt CC-BY-SA in meinen Augen sehr gut, ohne die Praxistauglichkeit einzubüßen.
Es ist auch merkwürdig (unabhängig von WLM jetzt) Schülern oder Lehrern oder anderen Außenstehenden erklären zu müssen, dass auf Commons zwar alles "freie" Bilder sind, sie aber von allem, was nicht CC-BY-SA/CC-BY/Gemeinfrei lizensiert ist (was ja auf den Großteil zutrifft), besser die Finger lassen sollen.
Die Welt ist nicht einfach. Abgesehen von der bekannt unhandlichen GFDL gibt es noch einen Schwung weiterer Lizenzen und andere rechtliche Einschränkungen, was die Nachnutzung von Commons-Inhalten erschwert. Tonnen von US-PD-GOV-Zeugs kann wegen Persönlichkeitsrechten außerhalb der USA eigentlich nicht so ohne weiteres verwendet werden. In einigen WLM-Teilnehmerländern gibt es keine Panoramafreiheit. Viele Rechtssysteme kennen kein Recht am eigenen Bild, hierzulande hat das einen hohen Stellenwert und man muß diese "Beiwerk"-Konstruktion verwenden, wenn jemand gut erkennbar vor einem abgeknipsten Denkmal steht. Wird das Schülern, Lehrern oder anderen Außenstehenden auch alles erklärt? Dagegen erscheint mir der Aufwand, eine Lizenz mehr oder weniger zu erklären, eher Peanuts zu sein.
Eine Lizenz mehr oder weniger zu erklären, ist auch gar nicht das Problem. Das Problem ist, Lizenzen überhaupt zu erklären. Wenn man sich eine Weile damit beschäftigt, erscheinen Lizenzen vom Prinzip her recht einfach zu sein. Viele schalten aber schon bei dem Wort "Lizenz" ab - es ist schlichtweg etwas, was die meisten im Alltag nicht beschäftigt, was sehr juristisch und komplex klingt.
Wenn ich aus einem Gespräch gehe und meine, zumindest das Prinzip und die Bedingungen von CC-BY-SA grob vermittelt zu haben, bin ich schon zufrieden - und mein(e) Gesprächspartner ebenso.
Wenn mir jemand eine Gesprächsstrategie oder ein Präsentationskonzept zeigt, mit dem man viel mehr Lizenzen viel einfacher erklären kann: Her damit! Ich wäre froh, soetwas zu haben.
Die Argumentation, die Welt sei kompliziert und es gäbe auch andere komplizierte Fälle, also brauche man auch nicht an einer Vereinfachung mitwirkien, halte ich für fragwürdig.
Letztlich ist es merkwürdig zu sehen, daß hier eine ganz bestimmte Lizenz gepusht wird, gleichwertige Alternativen durch konsequente Falschinformationen verunglimpft werden.
CC-BY-SA erscheint vielen - bei allen Schwächen - als die beste Lizenzvariante, die wir im Moment haben.
Vor allem aber erlaubt sie recht einfach die Weiternutzung auch in Werken, die selbst nicht frei lizensiert sind - enorm wichtig, um die Verbreitung von freiem Wissen zu fördern!
Gleichzeitig kümmert sich aber niemand darum, daß diese Lizenzen auch eingehalten werden. Gefühlte 99% der Nachnutzungen sind eh fehlerhaft, völlig unabhängig vom verwendeten Lizenzbapperl. Will man wirklich ein einfaches System, sollte man konsequent CC0 verlangen. Auch für alle Texte.
CC-0 ist keine freie Lizenz, sondern macht Werke gemeinfrei. Das ist ein großer Unterschied!
Viele Grüße,
Kilian