Guten Tag Her Jansson, guten Tag in die Runde,
ich habe als Autor des SZ-Artikels die Diskussion hier verfolgt und
würde gerne dazu Stellung nehmen. Ich arbeite als Freier Journalist,
gehöre selbst zu den Nutzern und gelegentlichen Mitarbeitern der
Wikipedia und habe dem Projekt nach einer Server-Krise auch einmal
paar Euro überwiesen (ich erinnere mich allerdings nicht mehr, ob an
den Verein oder die Foundation). Wenn jemand aus der Wikipedia ohne
ausreichende Lizensierung Texte klaut kritisiere ich das
(http://tinyurl.com/hd3cu) und genauso erlaube ich mir, auch die
Wikipedia zu kritisieren, wenn es einen Anlass dazu gibt.
Als ich nach einem Spendenaufruf Geld überwies, hatte ich erwartet,
dass das Geld zügig investiert wird. Ich vermute, dass es den meisten
Leuten, die dem Verein Geld gespendet haben, auch so ging. Wenn sie
von den rechtlichen Problemen gewusst hätten, hätten sie sich
entscheiden können, ob sie das Geld nicht doch lieber direkt an die
Foundation überweisen können und auf die Spendenquittung verzichten.
Doch diese Information unterblieb und das finde ich falsch (oder, wie
Herr Jannsson schrieb, "moralisch fragwürdig"). Ich werfe dem Vorstand
übrigens weder vor, sich selbst zu bereichern, noch das Geld sonstwie
rechtswidrig verwenden zu wollen - der Vorwurf ist, dass das Geld bis
heute größtenteils überhaupt nicht verwendet wurde, ohne dass dies für
die Spender ersichtlich ist.
Wenn man der Auffassung ist, dass hier alles richtig gelaufen ist,
dann kann man von diesem Standpunkt aus meine Kritik als unsachlich
empfinden. Ich finde sie berechtigt.
Mit freundlichen Grüßen
S. Heiser
P.S.: Den Ort der Geschäftsstelle muss ich in einem der Telefonate mir
Arne Klempert falsch verstanden haben. Ich hätte schwören können, er
hätte Berlin gesagt. Mein Fehler, Entschuldigung.
Sehr geehrter Herr Heiser,
privater Meinungsaustausch gilt in Mailinglisten bekanntlich als eher
unerwünscht. Trotzdem wende ich mich an Sie persönlich, denn weder
die Debatte in dieser Liste noch Ihr Posting an Herrn Jansson wurden
privatissime geäußert.
Sie sind freier Journalist und gelegentlich Mitarbeiter der Wikipedia.
Ich bin einfaches Mitglied der Wikimedia e.V. und ebenfalls
Gelegenheits-Artikelschreiber der Wikipedia.
Während der Mitgliederversammlung am 25. Februar 2006 kamen u.a. drei
kostenintensive Punkte zur Sprache, die nicht nur im laufenden Jahr relevant
sind, sondern auch in den folgenden Jahren zu Buche schlagen werden:
- Hardware
- Veranstaltungen
- Einstellung eines Geschäftsführers
Des Weiteren wurde darüber berichtet, dass der längst vorgesehene
Mitteltransfer an die Wikimedia Foundation leider noch nicht durchgeführt
werden konnte, weil über das zuständige Finanzamt noch keine
Rechtssicherheit hergestellt werden konnte. Nur wer sich noch nie mit einem
Juristen oder Steuerberater über die Komplexität des deutschen Vereins- und
Steuerrechtes unterhalten hatte, konnte sich über diesen unerquicklichen
Status ernsthaft wundern.
Der Vereinsvorstand hat an dieser Stelle und - wie ich den vorangegangenen
Postings entnehme - Ihnen gegenüber in einem oder mehreren Interviews (?)
zu den oben genannten Punkten Stellung bezogen.
Ich frage mich allerdings in der Tat, wie dieser journalistische Kontakt
ausgesehen haben mag. Eine sorgfältige Recherche vermisse ich jedenfalls.
Nichts gegen wohlformulierte Polemiken, sofern sie der Aufklärung über die
kleinen uns großen Durchstechereien, die alltäglichen und weniger
alltäglichen Vorteilsnahmen im gesellschaftlichen Miteinander, kurzum der
Beleuchtung von Mißständen dienen.
Wenn der inkriminierte Mißstand jedoch der Mittelübertrag eines
gemeinnützigen Vereins ist, der dadurch zustandekommt, dass Mittel jetzt
noch nicht, aber doch in sehr absehbarer Zukunft verausgabt werden können
(korrekter: "müssen") und der von Ihnen in einem aufgeregten Ton rapportiert
wird, als ginge es z.B. um die "Münchner CSU-Affäre" (zu der ich mich mit
einem Ihrer festangestellten Münchner Kollegen letztes Jahr durchaus
gewinnbringend für Wikipedia unterhalten habe), dann ist da etwas aus den
Fugen geraten.
Nein, Herr Heiser, meines Erachtens (und ich spreche natürlich nur für mich
und nicht für den Wikimedia-Verein) haben Sie der von mir ansonsten sehr
geschätzten Süddeutschen Zeitung zwar einen freien, aber überhaupt keinen
guten Dienst erwiesen.
Wenn man zu Auslassungen und Verdrehungen greifen muss, um einen
"Enthüllungsbericht" zusammenzubasteln (keine Frage: das ist natürlich
keiner!), dann passt das zu einigen anderen Blättern, aber eigentlich gar
nicht zur SZ.
Mit freundlichem Gruß
Rüdiger Pfeil
Es hat bisher lange gedauert, konkrete Verwendungsmöglichkeiten für die Spendengelder zu entwickeln. Der Grund ist für einen unbeteiligten Beobachter wie mich jedoch GERADE in der Gemeinnützigkeit zu sehen, welche dem Verein bezüglich der Gelderverwendung Fesseln angelegt hat, die sich im Laufe der Zeit wegen der ungewöhnlichen Struktur mit der Foundation mit Sitz im Ausland als komplizierter darstellten, als ursprünglich prognostiziert.
Umso mehr ist man sowohl dem alten als auch dem neuen Vorstand zu Dank dafür verpflichtet, dass trotz des zwischenzeitlichen Drucks von außen nicht in Aktionismus verfallen wurde, der durch rechtsfehlerhafte Geldausgaben die Gemeinnützigkeit gefährdet hätte, etwa mit dem Ergebnis, das Steuerpflicht entstanden wäre.
Dass die Planungen mittlerweile konkreter geworden sind, ist doch erfreulich. Die Diskussionsbeteiligten sollten meiner Ansicht nach in dieser Phase ihre Kräfte dahingehend bündeln, dass diese Pläne nunmehr in die Tat umgesetzt werden können.
Alexander A.T. Klimke
... nur um das nochmal klar zustellen: Ich unterstelle dem Verein in
keinster Weise nicht verantwortungsvoll mit Spendengeldern umzugehen. Ich
bin mir sicher, dass keiner der Wikimedia - Vorstände vorhat, "mit dem Geld
auf die Bahamas zu" verschwinden, und sehe ich keinen Grund den Umgang mit
Spendengeldern grundsätzlich in Frage zustellen.
Ich stelle aber die Frage, ob ein Artikel dieser Art durch eine etwas
professionellere Öffentlichkeitsarbeit nicht hätte verhindert werden können,
und ob es nicht effektiver "Gegenmaßnahmen" als den auf dieser Liste
veröffentlichten Leserbrief gibt. Zum Beispiel eine Pressemitteilung mit dem
Inhalt: "Wikimedia denkt über Investitionen in Höhe von 60.000 in
europäischen Wikipedia - Server nach. Da würde ich doch gleich die nächste
Spende anweisen ;-)
Herzliche Grüße
Johannes Moskaliuk
drei Anmerkungen von unbeiligter Seite:
1.) Unabhängig von der Tatsache, dass die SZ-Berichterstattung sicher in
manchen sicher Punkten ungenau ist, ist sie ganz bestimmt nicht böswillig.
Als unbedarfter Wikipedianutzer habe ich es nie in Frage gestellt, dass
Spenden an Wikimedia Deutschland direkt dem Projekt Wikipedia und dessen
Schwestern zu gute kommt. Nun kann ich es drehen und wenden wie ich will:
Auch wenn der Verein mit der Investition in europäische Server diesen Zweck
nun ja doch erfüllen kann, hat er es definitiv in den letzten beiden Jahren
nicht getan. Insofern halte ich zumindest die Frage für berechtigt, ob die
Gemeinnützigkeit wirklich erfüllt ist.
2.) Offensichtlich hat Herr Heiser, so hören sich zumindest die Antworten
des Vorstandes an, die Informationen aus erster Hand, also direkt von
Wikimedia. Da stellt sich doch die Frage, wieso offensichtlich
skandal-trächtige Informationen, an die Presse weitergegeben werden, ohne
vorher Spender, Vereinsmitglieder und Interessierte über das vorliegende
rechtliche Problem und die geplanten Lösungmöglichkeiten zu informieren. Das
finde ich ziemlich peinlich. Nachträgliches Glätten der Wogen ist immer
schwierig.
3.) Die über die Liste veröffentlichte Richtigstellung macht die Sache
meiner Meinung nach noch viel schlimmer. Der Hinweis auf inhaltliche Fehler
ändert doch nichts am grundsätzlichen Vorwurf. Und der lautet nun mal:
Wikimedia Deutschland geht unprofessionell mit Spendengelder um und
informiert unzureichend über deren Verwendungzweck. Die Antwort des Vereins
darauf müsste doch lauten: Stimmt, weil wir ein rechtliches Problem
übersehen habe, können wir das Geld nicht einfach an die Wikimediafondation
in Floriada überweisen, wie wir eigentlich wollten, und sind deswegen gerade
auf der Suche nach Alternativen. Und deswegen werden wir in Kürze ...
Da ich, wie wohl die meisten, erst jetzt von dem Problem und den
Lösungsmöglichkeiten erfahren haben, bleibt leider ein Nachgeschmack, der
sich sicher auch im Rückgang von Spendengeldern niederschlagen wird. Alle
Schuld auf die SZ zu schieben greift da sicher zu kurz.
Ich wünsche dem Verein, dass er sein Handeln, inbesondere den Umgang mit der
Öffentlichkeit und den Medien noch weiter professionalisiert und merkt, dass
er kein lokaler Verein einiger idealistischer Studenten mehr ist, sondern
mehr und mehr ins Interesse einer kritischen, nationalen/internationalen
Öffentlichkeit rückt. Der erste Schritt ist mit einem hauptberuflichem
Geschäftsführer getan, der nächsten Schritt wäre eine Professionalierung der
Öffentlichkeitsarbeit.
Mit besten Wünschen
Johannes Moskaliuk
Henriette wrote:
>Und was die Sache mit dem "ersten angestellten Wikipedianer" betrifft:
>Hier Achim argumentativ zu mißbrauchen ist eine Frechheit
Das ist kein Missbrauch sondern eine Klarstellung. Wenn die SZ etwas falsches schreibt, darf man sie wohl darauf hinweissen. Oder ist das jetzt seit neuestem ein Geheimnis, dass Achim der erste war?
>Directmedia ist komplett unabhängig von der WP
Der Verein ist AUCH Unabhängig, wir haben nur ein Abkommen mit Wikipedia, aber wir sind eigenständig.
Wir fördern Wikipedia, aber wir sind eigenständig.
>Ich werde meine Konsequenzen ziehen.
Das hast Du schon bei der letzten Mitgliederversammlung allen anwesenden klar bewiessen. Dass Du schon wieder Konsequenzen ziehen musst wundert mich...
Fantasy (erstaunt)