Re: [Wikide-l] Wikipedia auf Bildzeitungsniveau - Um Meinungsfreiheit geht es im Fall Tron nicht

myn at gmx.net myn at gmx.net
Mi Feb 1 22:31:18 UTC 2006


> > auch besser zunächst um einen Dialog bemühen sollen, statt direckt  
> > mit einer
> > Einstweiligen-Verfügung gegen Wikipedia vor zu gehen.
> 
> Hatten sie ja, nur sind wir Wikipedianer prinzipientreu.

Wer hat im welchen Kreise entschieden, dass der Name genannt wird und dass
dies Wikipedia-Prinzipien sind?

> Wikimedia DE hat keinen Einfluss auf Directmedia so wie sich 
> Wikimedia DE meiner Meinung nach auch mit dem Einfluss auf den Inhalt der
Wikipedia
> zurückhalten sollte, auch um solche Situationen zu vermeiden.

> Man sollte vielleicht von Seiten der Wikimedia DE die Wikipedia-internen
> Mechanismen wie [[Wikipedia:Fragen zur Wikipedia]] (mit zwei Klicks
> von überall erreichbar) mal etwas stärker propagieren und die
> nicht-öffentliche info-de@ dafür etwas weniger.

In diesem Fall hat es den Anwalt der Eltern ja gut in die Irre geführt.
Eigendlich hätten sie an den im Imperssum genannten Verantwortlichen, Jimmy
Wales, wenden müssen. Auch die C-Admins können übrigens haftbar gemacht
werden, wenn sie nicht ausschließlich weisungsgebunden arbeiten. 

> Stefan.Knauf at web.de schrieb: 

> Mal eine andere Frage: Schadet die Nennung des bürgerlichen Namens von 
> Tron eigentlich wirklich jemandem?

Die Eltern sehen sich geschädigt.  Ziffer 8 des Pressecodex sagt:
"Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt
jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im
Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine
Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden. Die
Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und
gewährleistet den redaktionellen Datenschutz."
http://de.wikipedia.org/wiki/Pressecodex

Durch die Nennung des Namens sind sie eindeutig als Eltern von Tron zu
indentifizieren, da sein Klarname kaum verbreitet ist. Auch nach dem Tod
eines Menschen bleiben Ehre und Würde des Menschen geschützt. Das BVerfG hat
das postmortale Persönlichkeitsrecht in der Mephisto-Entscheidung aus Art. 1
Abs. 1 GG abgeleitet. Die vermögenswirksamen Persönlichkeitsrechte gehen
nach dem Tod an die Erben über. Sie solen nach dem Willen oder dem
mutmaßlichen Willen des Verstorbenen handeln. 
http://www.netlaw.de/urteile/bgh_05.htm

Allerdings handelt es sich bei Trons Namen  ja nicht um vermögenswirksamen
Persönlichkeitsrechte. Vielleicht müssen die Eltern erst Tron T-Shirts
verkaufen um die Namensnennung untersagen zu können.

> Ich wage zu bezweifeln, dass es irgendein
> Engagement gegeben hätte, wenn es sich um eine andere Person
> gehandelt hätte, z.B. einen Rechtsextremisten, der unter Pseudonym
aufgetreten wäre. 

Es gibt, wenn auch vereinzelt. Proteste gegen die Unart der linken Szene
Rechtsradikale oft alszu leichtfertig öffentlich mit Namen an den Pranger zu
stellen. 

> stheinz27 at compuserve.de schrieb:
 
> als laie ein frage: wann fängt das den an, wann darf nach deiner 
> meinung den ein name genannt werden?

Meiner Meinung nach orientiert sich das am Recht am eigenen Bild
http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild

Demnach dürfen nur Fotos von  Personen des Zeitgeschehens ohne Zustimmung 
veröffentlicht werden. Dazu gehören in Schranken auch Bilder z.B. von Opfern
einer Geiselnahme.  Ob, und wann es auch erlaubt ist deren Namen zu nennen,
weiss ich nicht. 

Allerdings besagt Ziffer 1 des Pressecodex: "Die Achtung vor der Wahrheit,
die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der
Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse." 

Auf die Wahrung der Menschenwürde  zielt auch das "Allgemeine
Persönlichkeitsrecht (APR)" ab.  Es wurde 1954 vom BGH  entwickelt und wird
auf Art. 2 Abs. 1 (Freie Entfaltung der Persönlichkeit  in Verbindung mit
Art. 1 Abs. 1 GG (Schutz der Menschenwürde gestützt. Das BVerfG hat die
Bedeutung des APR  1973 herausgestellt. 

Aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, insbesondere
durch Berichterstattung in den Medien, kann sich ein Anspruch  auf
Schadensersatz  (§ 823 Abs. 1 BGB oder ein Unterlassungsanspruch
beziehungsweise Berichtigungsanspruch  (§ 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 BGB
ergeben. Bei einer schwerwiegenden Verletzung kann auch ein Anspruch auf
Schmerzensgeld der aus § 823 I BGB i.V.m. Art. 1 I, 2 I GG abgeleitet wird,
bestehen. Einzelne Bereiche des Persönlichkeitsrechts sind gesetzlich
besonders geschützt, beispielsweise die persönliche Ehre in den §§ 185 ff.
StGB, der Name  (§ 12 BGB das Recht am eigenen Bild  (§§ 22 ff. KunstUrhG
oder das Urheberrecht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeines_Pers%C3%B6nlichkeitsrecht

Der Schutz des Namens beinhaltet aber anscheinend nicht den Schutz vor der
Nennung des Namens.

"Jede Berichterstattung über Personen bewegt sich im Spannungsfeld zwischen
Pressefreiheit, Meinungsfreiheit  und allgemeinem Persönlichkeitsrecht. Die
Rechte der thematisierten Person und das öffentliche Informationsinteresse
müssen dabei jeweils im Einzelfall gegeneinander abgewogen und in Einklang
gebracht werden. Wenn die Rechte des Betroffenen überwiegen, ist die
Äußerung (also die Namensnenung) im Einzelfall unzulässig. Wer sich durch
sein Verhalten oder eigene Äußerungen in das Blickfeld der Öffentlichkeit
begibt, muss eine kritische Berichterstattung der Medien über sein Auftreten
akzeptieren."

http://de.wikipedia.org/wiki/Zul%C3%A4ssigkeit_von_%C3%84u%C3%9Ferungen_in_der_Berichterstattung

Es muss also abgewogen werden, ob die Nennung des Namens gerechtfertigt ist.
Im Fall von Tron sehe ich das nicht.

> was ist mit dem RAF leuten dürfen die genannt werden?

Ja

> wo ist die grenze?
>bei der schwere der tat?
> bei der bedeutung der tat?

Wahrscheinlich. Einen Mörder darf man beim Namen nennen, einen Autodieb wohl
nicht. Tron war aber weder Möder noch Autodieb sondern höchstes Opfer. Da
darf man den Namen sicher nicht nennen, wenn er noch leben würde, da dies
unverhältnismäßig in seine Persönlichkeitsrechte eingreifen würde. Da er
verstorben ist, können diese Rechte aber nicht im gleichen Maße
beeinträchtigt werden. Er sucht ja nun zum Beispiel keinen Job mehr.

> Stefan.Knauf at web.de schrieb: 

> Es sieht für mich persönlich teilweise (nochmal: rein persönliche 
> Sicht der Dinge) so aus, als ob eine Subkultur, die es chic findet, nur 
> unter Pseudonym bekannt zu sein, ein Recht auf Pseudonymität 
> einfordern möchte

Man hat das Recht auf Pseudonym, wenn durch Nennnung des Namens zu sehr in
die Persönlichkeitsrechte eingegriffen würde. Outet sich zum Beispiel jemand
unter Psyeudonym als Kleinkrimmineller, dann darf ihm dadurch kein Nachteil
enstehen. Das zählt auch zum Vertrauensschutz des Informanten (Ziffer 5 und
6 des Pressecodex). Mal ganz davon abgesehen, dass in der Wikipedia kein
Artikel über einen Autodieb zu finden sein wird, es würde auch nicht
statthaft sein mit Namensnennung und/oder Bild zu berichten. Wenn ein
Pressesprecher des CCC nur unter Pseudonym genannt werden möchte, muss das
nach meiner Meinung eingehalten werden, da ihm ja durch das Amt evtl.
Nachteile entstehen könnten und es kein öffentliches Interesse gibt seinen
Klarnamen zu erfahren. 

Ich sehe wie oben schon gesagt auch kein öffentliches Interesse den
Klarnamen von Tron zu nennen.


so long - nym

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