[Wikide-l] Mit dem Brockhaus ins 21. Jahrhundert

Mathias Schindler neubau at presroi.de
Di Jun 29 06:38:40 UTC 2004


Ilja Lorek schrieb:

> Könnten wir uns vorstellen mit Brockhaus oder auch mit irgendeiner anderen
> Redaktionen irgendwann, irgendwie zusammen zu arbeiten?
> 
> Denn "irgendwie" empfinde ich die Wikipedia gar nicht richtig als
> Konkurrenz, da wir ja kein Entgelt verlangen und auf bestimmten Gebieten
> jetzt schon für einen Lexikon im Handel - sprich, der wirtschaftlich
> kalkulieren muss - fast uneinholbar überlegen ist.

http://www.dw-world.de/german/0,3367,1606_A_1128716_1_A,00.html
16.04.2004:

"Trotzdem macht sich Holoch keine Sorgen um das Internetangebot von 
"Brockhaus": "Ich denke, dass "Wikipedia" sich weiter entwickeln wird 
und seinen Platz findet. Aber ich bin auch ganz sicher, dass 
"Brockhaus.de" erfolgreich sein wird und dass wir uns dann schön 
nebeneinander bewegen.""


Der Punkt ist, daß wir schon auf eine gewisse Weise mit Brockhaus 
interagieren. Nimm zum Beispiel die eine Stunde, die Magnus Manske mit 
Klaus Holoch im WDR5 verbracht hat und diskutiert hat. Die Kommunikation 
findet auf diese Weise viel direkter statt als noch damals, als 
Journalisten zu Holoch getrabt sind und sich ihm ein Statement abgeholt 
haben, wie man dort wikipedia sehe.

Google nach "Klaus Holoch" ergibt 146 Treffer, davon sind bereits mehr 
als ein Viertel über Wikipedia.

Im Januar 2004 hiess das noch ganz anders:

"„Man darf das nicht miteinander vergleichen. Sobald Sie sich auf eine 
Information verlassen müssen, etwa für eine Doktorarbeit, kommen Sie 
besser zu uns. Jeder Artikel im Brockhaus wird dreimal geprüft.“"
http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/berufstudium/artikel/792/25767/

Das ist immerhin schon ein Sprung zum August 2002:

"Deshalb bleibt Klaus Holoch, Sprecher des Brockhaus-Verlages, ganz 
gelassen: "Diese Projekte machen uns keine Angst. Wer mehrfach geprüfte 
Inhalte konsultieren will, wird auch künftig bereit sein, dafür zu zahlen.""
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2002/0827/wissenschaft/0009/


Derzeit ist die Entwicklung der deutschen Wikipedia relativ gleichmäßig 
18 Monate hinter der englischen, das heisst, ein Außenstehender kann 
grob Abschätzen, wo wir Ende 2005 sein werden^wkönnten.

Es gibt einzelne Hinweise darauf, daß bei Microsoft intern eine Studie 
über Encarta, Britannica und Wikipedia (en) existiert - ob das analog zu 
den Helloweenpapers ist, mag ich nicht beurteilen. 
(http://en.wikipedia.org/wiki/Halloween_document)

Man kann durchaus überlegen, inwiefern bei Wikipedia/Brockipedia das 
Kugelschreiberphänomen greift, nämlich die friedliche Koexistenz 
zwischen Kugelschreibern als Werbegeschenken und Kugelschreibern für 
Geld im Laden. Meiner Ansicht nach hinkt der Vergleich an mehreren 
Punkten, aber ich habe mir sagen lassen, daß er woanders geläufiger ist :)

Zwischenfazit:
* Brockhaus nimmt uns wahr. Die Reaktionszeit bei dem Fall mit den 
Artikellisten war so schnell und zielgerichtet, daß sie durchaus einige 
Zeit bei uns - nicht nur im Artikelraum stöbern. Dazu sind sie herzlich 
eingeladen, wenn sie auch mal zwischendurch Artikel ausbauen würden oder 
wenigstens mal Kommafehler korrigieren könnten.
* Es existiert bereits Kommunikation mit Brockhaus (indirekt über die 
Presse) und direkt, etwa bei URV-Fragen.
* Ein Manager der BIFAB war auf der WOS03 im Wikipedia-Panel (ich habe 
ihn leider verpasst). Das ist eine Generation, die dort heranwächst, die 
aus Unizeiten schon Kontakt mit GNU hat und die den Nutzen von Open 
Source kennt. Holoch hingegen scheint - wenigstens im Radio - nichts mit 
dem Begriff Freiheit anfangen zu können, er redete irgendwas von "man 
kann doch in die Bibliothek gehen und dort im Brockhaus nachlesen".
* Brockhaus hat (meines Erachtens, ich kenne deren Bilanzen zu wenig, um 
hier etwas steif und fest behaupten zu können) tierisch viel Geld im 
Internet verbrannt, ohne, daß dabei etwas herausgekommen wäre. Das 
ändert sich gerade langsam und die aktuellen Internetprojekte sind 
oftmals sehr gut in etwas Printtechnisches integriert. Deren 
Erfahrungswerte beim Scheitern dürften auch ihre Bereitschaft geändert 
haben, weiterhin gegen die Wand zu rennen. Da wir unseren content nicht 
verstecken müssen (im Gegensatz zur BIFAB), sind wir auch keine 
Fremdkörper im Netz (im Gegensatz zu xipolis.net).

Ansonsten schließe ich mich sansculotte an:

"wie könntest Du Dir denn eine Zusammenarbeit mit Brockhaus genau
vorstellen?
Demnächst wird es voraussichtlich ein Treffen mit Vertretern des
Brockhaus geben, insofern, wären da Deine/Eure Vorstellungen durchaus
interessant."

Grüße,
Mathais