[Wikide-l] Berliner Erklärung (wikipedia als Beispiel)

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Di Jun 22 09:53:39 UTC 2004


+++ Pressemitteilung +++

Berlin, den 21. Juni 2004

In einer gemeinsamen Erklärung fordern Urheberrechtswissenschaftler,
Praktiker und Vertreter der Zivilgesellschaft die Europäische Kommission
auf, einen neuartigen Ansatz zu verfolgen, um Urheber für die
Online-Nutzung ihrer Werke zu vergüten. In der "Berliner Erklärung zu
kollektiv verwalteten Online-Rechten: Kompensation ohne Kontrolle" [1]
bezeichnen sie Digital Rights Management (DRM) Technologie und die
massenhafte Strafverfolgung von Filesharern als Strategien, die in einer
offenen und gerechten Gesellschaft nicht akzeptabel sind. Sie warnen
insbesondere vor DRM-Systemen, die im vergangenen Jahrzehnt als einzige
Lösung von der Industrie entwickelt und von den Gesetzgebern geschützt
wurden. Nicht nur haben DRMs die in sie gesetzten Erwartungen nicht
erfüllt, sie geben auch Anlass für schwerwiegende Bedenken in Bezug auf
den Schutz der Privatsphäre, Bildung, Wettbewerb, Forschung und Innovation
und neue Formen partizipativer Kultur.

Stattdessen fordert die "Berliner Erklärung" eine indirekte Kompensation,
wie sie sich für zulässiges privates Kopieren seit Jahrzehnten bewährt
hat. Nutzer würden eine Flatrate für das Recht zum Filesharen bezahlen,
und eine neue Online-Verwertungsgesellschaft würde Urheber und Verlage
entsprechend der gemessenen Nutzung ihrer Werke vergüten. Lawrence Lessig,
Rechtsprofessor an der Stanford Law School, Gründer des Creative Commons
Projekts, und einer der Erstunterzeichner der "Berliner Erklärung",
bezeichnet diese Modell als "Kompensation ohne Kontrolle."

Die Erklärung, die auf einer Konferenz über die Zukunft der digitalen
Allmende [2] in der vergangenen Woche verfasst worden war, wurde heute in
die Konsultation der Europäischen Kommission zur kollektiven
Rechteverwaltung [3] eingegeben. Die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen
bekräftigen die Kommission in ihrem Bemühen, Verwertungsgesellschaften
demokratischer, transparenter und flexibler zu gestalten. Dazu sagte
Lessig: "Gesellschaften für die kollektive Rechtewahrnehmung sollen den
Urhebern nützen. Urhebern im digitalen Zeitalter eine größere Wahlfreiheit
zu geben, würde sie besser in die Lage versetzen, ihre Werke zu
verwerten."

Die Initiative kündigte an, dass in kürze europaweit Unterschriften für
die Erklärung gesammelt werden [4], bis der für Herbst erwartete Entwurf
der EU Richtlinie zur kollektiven Rechteverwaltung vorliegt. Dr. Volker
Grassmuck, Medienforscher an der Humboldt-Universität zu Berlin und einer
der Initiatoren der Erklärung, sagte dazu: "Die digitale Revolution
enthält ein großes Potential für die Kultur und die Art, wie wir zusammen
arbeiten. Die Freie Software, Wikipedia und Millionen von Werken, die
unter Creative Commons lizenziert sind, zeigen das. Urheberrecht ist die
Hauptform der öffentlichen Regulierung dieses Potentials. Sie sollte im
öffentlichen Interessen erfolgen. Die Erklärung ermöglicht es europäischen
Bürgern, ihren Abgeordneten zu sagen, dass sie einen Wandel wollen."

Ebenfalls heute legte eine Koalition der deutschen Zivilgesellschaft der
Bundesregierung eine Stellungnahme vor, in der sie sie ebenfalls
auffordern, DRM zu überdenken und den Weg für eine Flatrate im Internet zu
ebenen. [5] Weiterhin ermutigen sie die Berliner Gesetzgeber, beim Zweiten
Korb der Urheberrechtsreform die digitale Privatkopieschranke zu
bestätigen und durchsetzungsstark zu machen. Das Forum Informatikerinnen
für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V.(FIfF), das Netzwerk
Neue Medien, der Chaos Computer Club, FoeBuD e.V., die Attac AG
Wissensallmende und freier Informationsfluss und privatkopie.net gehören
zu den Initiativen für digitale Bürgerrechte, die die Stellungnahme
unterstützen.

"Berlin Declaration on Collectively Managed Online Rights: Compensation
without Control"

Zu den Erstunterzeichnern gehören

* Prof. Dr. William Fisher, Professor of Intellectual Property Law,
Harvard University & Director, Berkman Center for Internet and Society,
Boston

* Prof. Dr. Wolfgang Sander-Beuermann, Project Lead, Search Engine Lab,
Regional Computing Center for Lower Saxony, University of Hannover

* Prof. Dr. Hans-Jörg Kreowski, University Bremen and Chairman of Forum
InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF)


* Prof. Dr. Martin Kretschmer, Director (joint), Centre for Intellectual
Property Policy & Management & Professor of Information Jurisprudence,
Institute of Business & Law, Bournemouth University

* Dr. Felix Stalder, Lecturer in Media Economy, Academy of Art and
Design,
Zurich & co-founder, Openflows.org, Vienna

* Dr. Mindaugas Kiskis, Dept. of Legal Informatics, Law University of
Lithuania, Vilnius, Lithuania

* Michael Grob, Film Director, CH7 & Technical Software Consultant, Bern

* Andreas Lange, Director Spielemuseum & Digital Game Archive, Berlin

* Judith van Erve, Public Affairs, XS4ALL, Amsterdam

* Veni Markovski, Chairman of the Board, Internet Society Bulgaria (ISOC)
& Bulgarian Country Coordinator for the Global Internet Policy Initiative
(GIPI), Sofia

* Dr. Ian Brown, Director, Foundation for Information Policy Research
(FIPR), London

* Matthias Geiser, Member of the Board, Swiss Internet User Group (SIUG)

* Slobodan Markovic, Centre for Internet Development & Internodium,
Belgrade

* Ville Oksanen, Chairman, Electronic Frontier Finland, Helsinki

* André Rebentisch, Media Spokesperson, Forum for a Free Information
Infrastructure (FFII), Munich

* Sjoera Nas, Bits of Freedom, Amsterdam

* Markus Beckedahl, Chairman, Netzwerk Neue Medien, Berlin

* Alvar C.H. Freude, ODEM.org

http://www.intern.de/red.php?quelle=http%3A%2F%2Fwizards-of-os.org%2Ffileadmin%2F2004-WOS3%2Ftext%2FBerlinDeclaration-ACS.pdf
http://wizards-of-os.org/index.php?id=931