Michael Zink schrieb:
Kannst Du mal den Satz "Ich bin in diesen Verein
eingetreten,
da Wikipedia Gelder einnimmt." etwas näher erläutern?
kann ich. Wir sollten das anerkennen: Wikipedia macht Geld. Tausende von
kostenlos sich die Nächte um die Ohren hauenden Leuten, von denen manche
sich allein damit beschäftigen, Vandalen auszusieben stellen ein
gewaltiges Produkt her. Ein Spendenbanner läuft darüber und sagt: Damit
dieses Produkt Ihnen, liebe Benutzer, weiter zur Verfügung stehen kann,
spenden sie hier. Die Leute reagieren etwas irritiert - wenn sie drauf
klicken und Wikimedia erscheint. Ein Geschäftsführer stellt sich vor und
bittet um die Spende...
Wohlgemerkt: Ich finde die Lösung Wikimedia vs. Wikipedia gut. Es ist
gut, dass der Trägerverein über die Gelder entscheidet - das sichert
Wikipedia (und ihren Schwesterprojekten) Unabhängigkeit. Dennoch sehe
ich hier eine problematische Situation: Eine Community bewegt Leute für
ihr Projekt zu spenden, eine spezielle Gruppe von Leuten investiert es
zum Teil in das Ding, aber zum Teil auch in Dinge, mit denen sie sich
selbst mit Existenzberechtigungen ausstattet.
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Die Gefahr, die ich - ich denke: mit vielen - sehe ist, dass im
Trägerverein eine eigene Dynamik besteht. Es wird für die, die die
Gelder verwalten, interessant werden, diese zum guten Teil in Projekte
zu investieren, die von Angestellten geführt werden. Das ist eine
Grundregel in Firmen, in denen das Geld fast von selbst ins Haus kommt -
und Wikimedia ist eine solche Firma: Die in der Firma konsolidieren ihre
Position durch Angestelltenhierarchien, die sie aufbauen. Darauf könnt
ihr wetten: Amerika verdreifacht sich im Wikimedia Stellenplan,
Deutschland verdoppelt sich in den Angestelltenstrukturen. Wer Leute
unter sich hat, ist durch deren Arbeit legitimiert und positioniert sich
erfolgreicher als alle, denen das nicht gelingt.
Wenn ich es strukturell beschreiben soll - so wohl so: Gegenwärtig wird
in den USA wie bei uns ein Wettlauf stattfinden, in dem ein Teil der
Garde ins Abseits geraten wird, andere werden sich über die Strukturen
stabilisieren, die sie unter sich aufbauen. Wir werden am Ende
anerkennen, dass die Angestelltenstruktur ein eigenes Produkt liefert
und sie finanzieren, damit dieses Produkt erhalten bleibt.
Alles wofür ich votiere ist, dass wir im Vorfeld mitdenekn können, was
da aufgebaut wird.
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Was Sebastian sagt: wir werden alle Jahre über den Haushalt abstimmen
können (allein das Präsidium - das, was derzeit der Vorstand ist, solle
nicht mehr alle Jahre gewählt werden) - ich sagte schon, das klingt
machtvoll. Effektiv heisst es: Der Vorstand wie Alice sagte: Der
Vorstand "plant und realisiert" Projekte, er legt fest wer sie macht und
was sie kosten und wir segnen das über den Haushalt ab, den er dafür
aufstellt. Weder haben wir je einen solchen Haushalt gesehen - der kann
unglaublich komplex sein, oder banal einfach, ohne dass wir sehen, was
das exakt für Projekte sind die sich unter Labels verbergen, noch ist
das eben eine Option Einfluss auf die Gestaltung von Arbeit zu nehmen.
Ich will nicht auf irgendeiner Sitzung sagen: "Lieber X, ich finde Dein
Projekt bescheuert, Du kriegst keine Kohle dafür - werde doch
arbeitslos..." Das werde ich nicht tun, darum bevorzuge ich eine Lösung,
bei der das Projekt von X im Vorfeld vorgestellt wird. Wenn es sich
einer internen Begutachtung stellt, bei der wir eine Chance hatten
unsere Sicht zu gegen, dann bin ich dafür, dass bei positiver
Entscheidung von us auch eben rückhaltlos gefördert wird. Ich will dass
Projektarbeiter X weiß, die stehen hinter mir auf die drei Jahre, die
mein Projekt dauert, die Gelder sind genehmigt mitsamt dem Projekt. Das
gibt mir ein gutes Gefühl gegenüber X, denn ich gönne jedem, dass seine
Idee, nachdem sie einmal angenommen ist rückhaltlos von uns unterstützt
wird. Darum eben nocheinmal nach den Gesprächen in München das Plädoyer
für die Debatte über Projekte im Vorfeld, statt über ein: "dreht X und Y
doch das Geld ab, wenn Euch deren Arbeit nicht gefällt..."
Das was man uns anbot ist, soweit ich sehe, Pseudounterstützung eines
laufenden Zuges, nicht Arbeit an dem, was wir mit diesem Verein aufbauen.
Gruß,
Olaf