Du schreibst da sehr viel, Olaf, beantwortest aber die Fragen nicht:
* "Wie veträgt sich das mit Deiner Aussage: "Tatsächlich hätte ich
gerne einen Verein, in dem der zukünftige Aufsichtsrat mehr
beaufsichtigt und repräsentiert"?
* "Welche Projekte werden denn von diesen Vorstandsmitgliedern
gepusht / protegiert / gefördert? Und zu Lasten welcher anderen
Projekte, die eben deshalb nicht gefördert werden?"
* "wer sind die eigentlich und wie kommst Du zu dem Schluss, diese
wären die Entscheidungsträger?"
Wir sprechen hier nicht über irgendeine abstrakte, akademische
Fragestellung, die man anhand von Filmförderungsbeispielen oder so
illustrieren könnte; wir sprechen hier über einen lebenden,
gewachsenen Verein, den Du gerne grundlegend ändern möchtest. Und Du
behauptest, Du möchtest dies tun, weil es konkrete Misstände gäbe, die
mittels Deiner Satzungsänderungsvorschläge behoben werden könnten.
Dann solltest Du aber auch in der Lage sein, diese konkreten Fragen zu
beantworten. Bisher stellst Du nur eine Menge Behauptungen über den
Zustand des Vereins und seiner Organe auf, ohne jedoch auf Rückfrage
Willens oder in der Lage zu sein, diese Behauptungen auch konkret zu
belegen. Und halte Dich bitte nicht zurück im Nennen von Personen und
konkreten Gegebenheiten - wir können das sicher vertragen.
Viele Grüße,
Pavel Richter
Geschäftsführer
Wikimedia Deutschland e.V.
Zitat von Olaf Simons <olaf.simons(a)pierre-marteau.com>om>:
Ja, Pavel,
"Sollte ich selbst in den Vorstand gewählt
werden...
in der Tat, ich meinte zukünftiger Aufsichtsrat (oder zukünftiges
Präsidium, je nachdem, welche Satzung gewinnt) - jedenfalls das Gremium,
das im Moment noch Vorstand heißt. Manchmal bin ich noch nicht in der
zukünftigen Rechtsform angelangt.
Was die Frage der Projekte und Ressorts der Vorstandsmitglieder
anbetrifft sowie der daraus resultierenden Probleme - dabei bleibe ich:
Dass hier wohl eine problematische Verküpfung von Amt, Würde und Arbeit
vorliegt. Vorstand und Geschäftstelle agieren im Moment unter dem
Eindruck, dass sie selbst im Wesentlichen die Vereinsarbeit machen. Du
selbst sagtest in der zweiten Sitzung der AGV, dass an
Mitgliederinitiativen gar nicht zu denken sei. Von den Mitgliedern komme
nichts, selbst wenn Du sie dazu aufriefest, sich in einem Projekt, das
Du aufbaust, zu engagieren. Da antworteten allenfalls ein oder zwei
Personen. Du meintest damals, ich könne wohl einen Entwurf verfassen,
der Mitgliederinitiativen vorsieht, doch ich dächte da über eine gar
nicht bestehende Realität nach.
Ich hatte eben damals geringe Lust, den Punkt Skillshare nochmals und
nun vor allen anzusprechen - im Juli waren wir im Begriff darüber, was
da geschah, weiter. Ganz offenkundig, so die Lektion des letzten Jahres,
können Initiativen aus der Mitgliederschaft kommen. Speziell solche
Initiativen werden eher dann kommen, wenn weder Du noch ich unsere
Hauptaufgabe darin definieren, Projekte zu erdenken und Stellen dazu
auszuschreiben. Offenkundig können voll funktionsfähige Projekte aus der
Community kommen. Aus meiner Perspektive muss eine Struktur gefunden
werden, mit der wir dieses Geschenk (hat ja fast nichts gekostet) wieder
kriegen. Dazu müssen wir klären, wie wir in Zukunft mit dergleichen
Initiativen umgehen. Das war kein Debakel, das wir durch unser eigenes
Skillshare-Produkt im Herbst auswetzen müssen - das war vielmehr ein
verwirrender Optimalfall, auf den wir nicht gefasst waren und auf den
wir völlig heillos reagierten. Nichts Besseres kann unserem Verein
passieren, als dass Leute, und zwar selbst dann noch, wenn sie die
Führung gar nicht mögen, mit solchem Engagement dabei sind.
Skillshare sollten wir nicht als Unfall begreifen, sondern als Hinweis
auf ein vollkommen ungenutzes Potential, und zwar kein kleines
Potential. Das war dicker im Organisationsvolumen als die größte
öffentliche Veranstaltung, die WMDE selbst hinlegte. Mir ist, nachdem
wir ausgiebig beklagten, wie viel im Vorfeld falsch lief, unklar, ob man
wenigstens im Nachhinein überlegte, das Potential zu gewinnen - nicht
durch Produktpiraterie vom Schlage, wir können das selbst, sondern
dadurch, dass man an die Initiatoren offen herantrat, so offen, dass
alle, die ähnliches leisten könnten, es hören und ermuntert werden. Man
wird dabei ein Eingeständnis riskieren müssen - etwa so: "Wir haben uns
verschätzt - ihr habt ein Projekt gestemmt, das im organisatorischen
Volumen massiv war. Falls ihr im Team, das ihr bildetet, noch mehr
dergleichen Projekte auf Lager habt, wollen wir euch die freie Hand
lassen, die ihr begehrt, denn vor allem das haben wir in jenem Sommer
gelernt. Ihr macht so was vor allem, wenn ihr eure Vorstellungen dabei
realisieren könnt. Wir dachten bislang, wir müssen in Projekten unsere
Vorstellungen realisieren, und das war prekär gedacht. Wenn hundert
Mitglieder etwas stemmen, dann sind diese WMDE - ganz wie wir hier im
Vorstand WMDE sind. Wenn diese Hundert eigene Vorstellungen haben, dann
hat WMDE breitere Vorstellungen, als in unserem Vorstand vertreten sind,
und das ist gut."
Ich denke im selben Moment: Wir können uns eingestehen, dass der
aktuelle Vorstand in der Mitgliedschaft "Gegner" definiert. Und wir
können den Mitgliedern zugestehen, dass sie eine größere Gruppe
umfassen, die sich vom Vorstand nicht mehr repräsentiert fühlt - da
läuft gerade ein Misstrauensantrag.
Vielleicht liege ich mit meiner Analyse falsch, dass hier tiefer ein
Konkurrenzverhältnis in der Frage vorliegt, wer wie (vor allem wie
transparent) die Vereinsarbeit macht. Meine Analyse war ein Angebot, das
Problem strukturell zu erfassen.
+++
Darüber, dass ich mit Gegnern werde umgehen müssen - sollte ich nach den
Gesagten eben jenes Nachdenken anbieten, das fast zu einem kleinen Eklat
in dieser Liste führte: Sollte man mich in den zukünftigen Aufsichtsrat
hinein wählen wollen, so werde ich meine Aufgabe deutlich darin sehen,
auf die "Gegner" zuzugehen. Mich wird interessieren, ob sie sich weitere
Projekte denken können.
Aus der Skillshare-Geschichte weiß ich zudem, dass WMDE den
Veranstaltern zur Auflage machen wollte, die Dozentenliste der
Veranstaltung zu bestimmen und dabei sicherzustellen, dass bestimmte
Personen - wieder fehlt mir ein Wort, wenn ich keine Namen nenne -
Gegner, öffentliche Kritiker von WMDE - auf der Veranstaltung nicht
auftauchen. Meine Tendenz ist in dieser Sache erstens: Es wird mich
beruhigen, ohne eine solche Liste arbeiten zu können. Ich finde es
spannend, wenn es jemandem gelingt, "Gegner" auf eine Veranstaltung von
uns zu bringen.
Ich denke ferner: Früher oder später wird Wikipedia/Wikimedia zur
Kenntnis nehmen müssen, dass unser Schiff unter dauernder (wie wir innen
finden, ganz ungerechter) Außenkritik liegt. Wir sind ein Mediengigant
und in einer demokratischen Öffentlichkeit muss ein solcher Gigant
kritisch betrachtet werden. Das ist die Aufgabe der kritischen
Öffentlichkeit. Der Beweis, dass wir intern demokratisch und
pluralistisch organisiert sind wird wichtig sein - wir sind keine
öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, das müssen wir also anders
hinkriegen. Die Aufgabe wird für uns langfristig *nicht* darin bestehen,
die Kritiker auszublenden oder sie mit der Behauptung, dass wir ein frei
zugängliches Medium freien Wissens sind, mundtot zu machen. Kritische
Öffentlichkeit hat die Aufgabe, einen Giganten wie uns, egal was wir
sagen, fortlaufend unter legitimem Generalverdacht zu betrachten. Unsere
Aufgabe wird es sein, das als gesunden demokratischen Umgang mit uns zu
begreifen und in diesem Umgang gut zu agieren. Zum Indikator wird dabei
vor allem unser eigener Umgang mit öffentlichen Kritikern werden. Wenn
wir da klug handeln, werden wir ihnen konstruktiv und offen interessiert
begegnen. Im Moment haben wir gar keine Formate dazu - und vielleicht
auch noch nicht ganz das innere Format. Wir begreifen - unser Kompass
2020 liest sich eher wie das Statement einer Aktiengesellschaft, die
ihre Aktionäre durch gloriose Versprechen des Wachstums und des Siegs
über alle Konkurrenten begeistern will - nur sehr unzulänglich, was auf
uns als sensibel agierenden Mediengiganten an dieser Stelle zukommt,
Gruß,
Olaf
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