Liebe Mitglieder des Vereins Wikimedia Deutschland e. V.,
mit diesem Mail möchte ich mich als neuen Vorstandsreferenten all jenen vorstellen, die
mich bislang nur wenig oder gar nicht kennen. Zu diesem Zweck werde ich der Einfachheit
und Offenheit halber den Text meiner Bewerbung für diesen ehrenamtlichen Posten nutzen,
die ich nach Rückfraged durch southpark auch auf dessen Blog iberty bereits veröffentlicht
habe:
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Auch für mich gehörten "die Kontrolle, Sicherung und Steigerung der Qualität in der
Wikipedia [..] zu den wichtigsten Aufgaben für die Weiterentwicklung des Projekts"
und in meinen Augen auch des Vereins WMD. Die aktuelle Nichtbesetzung des entsprechenden
Ressorts sehe ich entsprechend als eine ganz besonders gravierende Lücke in der
derzeitigen Vorstandsorganisation an, die ich gerne zu füllen bereit bin. Von einer
langatmigen Vorstellung meiner Person sehe ich dabei ab - ich denke, allen Personen, die
dieses Mail lesen, sollte ich persönlich oder zumindest virtuell bekannt sein, deshalb nur
ein paar Worte/Stellungnahmen mit Bezug auf die in der Ausschreibung geforderten
Qualifikationen.
== Engagement in der Wikipedia, Wikimedia und beruflich ==
Ich bin angemeldeter und aktiver Wikipedianer seit Dezember 2003 (Benutzername
Necrophorus, seit 12.2004 unter Realnamen) und ohne große Unterbrechungen bis heute vor
allem als Autor tätig. Dabei beteiligte ich mich bereits sehr früh an den
unterschiedlichen Prozessen der Qualitätsentwicklung und -beurteilung, vor allem im
Bereich der "Exzellenten Artikel". Gemeinsam mit den Benutzer southpark und
einzelnen weiteren Autoren des "High-end-Bereichs" richtete ich im Juni 2004 das
Wikipedia:Review ein, im September 2004 startete der erste WP:Schreibwettbewerb auf der
Basis meiner Initiative - bis heute war ich dreimal Juror desselben und bin Autor einer
deutlich 3-stelligen Anzahl ausgezeichneter Artikel sowie zahlreicher weiterer Artikel
(siehe Benutzerseite Achim Raschka in der WP).
Im Wikimedia Deutschland e.V. bin ich Gründungsmitglied und war Beisitzer im ersten
Vorstand, bin von diesem Posten jedoch v.a. aufgrund meines Interessenskonflikts mit der
Anstellung bei der Zenodot-Verlagsgesellschaft mbH zurückgetreten. Seitdem begleite ich
den Verein und unterstütze ihn nach Kräften vor allem in Projekten mit direktem
Communitybezug - aktuell bin ich bsp. involviert in der Vorbereitung der Wikipedia Academy
und der Realisierung einer Kooperation mit der DZB zu Leipzig zur Vertonung der Artikel
des Tages in der Wikipedia, ausserdem war ich Jury-Mitglied der Verleihung der
Zedler-Medaille 2008 und Teil der AG zur Erarbeitung der Ziele des Kompass 2020 im Ressort
Qualität 2009/2010 - als Ansprechpartner stehe ich grundsätzlich allen Mitarbeitern der
Geschäftsstelle und des Vorstands zur Verfügung, insbesondere die (private wie berufliche)
Zusammenarbeit mit Denis Barthel ist aufgrund gleicher wikipedianischer Interessen in der
Redaktion Biologie sehr intensiv.
Neben der freiwilligen Autorenarbeit habe ich die Wikipedia auch beruflich begleitet: Von
2005 bis 2008 war ich Mitarbeiter der Zenodot-Verlagsgesellschaft und dort u.a. zuständig
für den (leider gescheiterten) Aufbau der Buchreihe WikiPress und der technischen
Realisierung der Wikipedia-CD und -DVD-Ausgaben, zudem war ich Redakteur des
Internetauftritts
zeno.org, in dem eine große Anzahl von urheberrechtsfreien Texten aus
dem Bestand der Directmedia GmbH online und kostenfrei im Volltext zur Verfügung gestellt
wurde. Seit 2008 bin ich Mitarbeiter der nova-Institut GmbH und war dort u.a. eingebunden
in das Projekt "Nachwachsende Rohstoffe in der Wikipedia", gefördert durch das
Bundesmisisterium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Seit 2009
berate ich zudem Organisationen und Unternehmen über die Wikipedia und die Möglichkeiten
und Grenzen der Mitarbeit im Bereich von Interessenskonflikten und
Unternehmensdarstellungen.
== Einschätzung der Qualität der Wikipedia ==
Die Wikipedia ist in jeder möglichen Betrachtungsweise ein Mosaik - an Menschen, Themen,
Vorstellungen, Tätigkeiten und eben auch hinsichtlich ihrer Qualität. Die
Qualitätsentwicklung seit den Anfängen (bzw. seit meinem Einblick Ende 2003) ist dabei aus
meiner Sicht bemerkenswert, wenn auch durchwachsen. In dieser Zeit hat sich die Wikipedia
quantitativ von einem Lexikon mit etwa 40.000 Artikeln zu einer Enzyklopädie mit mehr als
1,1 Millionen Artikeln entwickelt während zugleich die Qualitätsansprüche auf allen Ebenen
- von Anfangszustand eines Artikels bis in den High-End-Bereich - kontinuierlich
gesteigert haben. Besonders herauszuheben ist hierbei das Bewusstsein für
"verlässliche Informationen" und die Nachprüfbarkeit von Inhalten auf der Basis
von nach Möglichkeit hochwertigen Quellen, das sich immer weiter durchsetzt und in vielen
Bereichen mittlerweile als Standard angesehen wird. Durch die Möglichkeiten der
Einzelnachweise wurden diese Standards weiter etabliert ohne zu einer - wie bsp. in der
englischsprachigen WP oft zu beobachtenden - überkritischen Forderung zu werden. Diese
Entwicklung ist gut und wird sich meiner Meinung nach auch weiter entwickeln, in einigen
Bereichen (Populärkultur, Randthemen) muss sie sich jedoch teilweise erst etablieren.
Auffällig ist zudem von Beginn an, dass insbesondere Artikel im High-End-Bereich wie aber
auch andere qualitativ hochwertige inhaltliche Aufarbeitungen idR durch einzelne
Hauptautoren geschieht - das Wiki-Prinzip beschränkt sich hier idR auf die Nacharbeiten
(Typo-Korrekturen, sprachlicher Nachschliff, Metakram).
Hand in Hand mit dieser Entwicklung geht die Entwicklung von fach- bzw. themenspezifischen
Gruppierungen von Autoren, die sich explizit um die von ihnen abgesteckten Themenbereiche
aktiv kümmern und hier entsprechende Qualitätsstandards durchsetzen. Dabei handelt es sich
um Redaktionen wie die Redaktionen Biologie, Chemie und Medizin ebenso wie um WikiProjekte
und Portale wie Regionalprojekte (Sauerland, Nordfriesland, Memmingen, Ostwestfalen-Lippe)
oder Musikprojekte (Portale Jazz, Metal, Musikalben), die im optimalen Zustand eng
verzahnt und teilweise auch überlappen sollten. Insbesondere in den Bereichen dieser
Projekte werden nach meiner Beobachtung Qualitätsmassstäbe erarbeitet und etabliert, die
sich dann auch über andere, weniger gut organisierte Bereiche ausdehnen. Neben den
thematischen Kristallisationspunkten kommen jedoch auch fachübergreifende Projekte und
Initiativen hinzu wie die bereits erwähnten Artikelkandidaturen (hier wurden 2005
Quellenforderungen erstmalig breit und themenübergreifend als Grundsatz gefordert),
Reviews (leider zu wenig konsultiert) sowie der Grafik- und Fotowerkstätten, die die
qualitativ hochwertige Bebilderung ermöglichen. In meinen Augen sollten insbesondere
bestehende und gut funktionierende Projekte weiter unterstützt und zugleich neue Projekte
in ihrer Entstehung und Etablierung begleitet werden, um themendeckend eine
kontinuierliche Qualitätsverbesserung zu ermöglichen.
Als abschliessenden Tenor (um den Rahmen nicht zu sprengen) meine Bewertung der Qualität:
Durchwachsen - in einigen Bereichen und häufig auch bei einzelnen Artikeln gut vorzeigbar
bis exzellent, in anderen Bereichen grottenschlecht. Als besondere Herausforderung sehe
ich die Aufarbeitung von Altlasten (alte, häufig unbequellte Artikelbestände), den
qualitativ hochwertigen Ausbau von zentralen Artikeln, die derzeit aufgrund der ihnen
häufig innewohnenden Komplexität für freiwillige Hobby-Autoren eher abschreckend sind,
sowie die weitere Förderung des Bewusstseins für Quellenarbeit und verifizierbare,
verlässliche Inhalte.
== Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung ==
Das Spektrum der möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität ist breit und zugleich
häufig sehr beschränkt auf einzelne Themenbereiche oder gar einzelne Artikel. Aus diesem
Grund halte ich es für dringend notwendig, die Unterstützung einzelner Autoren und
Autorengruppen durch Literaturstipendien, Unterstützung von Fahcbereichstreffen und andere
Zuwendungen weiter auszubauen und zugleich immer die Augen offenzuhalten, welche Ansprüche
die Autoren haben, um die Inhalte qualitativ weiter voranzubringen. Weitere Maßnahmen
sollten den Dialog mit Wissenschaftsnetzen, Institutionen etc. zur konkreten
Artikelverbesserung vorantreiben - bsp. in Form von externen Reviewernetzwerken,
potenziellen Bildspendern und Quellenlieferanten.
Als besondere Herausforderung sehe ich den Umgang mit zentralen Artikeln, die für die
Hobby-Tätigkeit freiwilliger Autoren häufig zu komplex sind (Zeitaufwand etc.). Da diese
Artikel zugleich auch Aushangschild und Ziel regelmässiger Kritik sind, sollten hier
Mechanismen entwickelt werden, wie evtl. auch professionelle Autoren zur Arbeit an diesen
Artikeln motiviert werden können (Förderprojekte mit Autorenbezahlung und sogar Einkauf
einzelner Artikel sollte hierbei ganz explizit mit betrachtet werden). Der ebenfalls
kritische Bereich der Altlastenaufarbeit sollte zudem strukturiert angegangen werden, wie
dies bsp. in der Readktion Biologie seit Jahren durch regelmäßig aktualisierte
Arbeitslisten ermöglicht wird.
Abschliessend sehr ich auch die allgemeine Förderung der Autorenmotivation als notwendige
Maßnahme der qualitätsfördernden Maßnahmen. In der WP existiert nur eine sehr rudimentäre
Kultur des Lobes, des Dankes und der "Auszeichnung" während wir eine sehr
intensive Kultur des Beschimpfens, des Undanks und der Konkurrenzgefühle und des
Mißtrauens haben. Diese Community-internen Kulturen lassen sich von aussen nicht steuern
oder beeinflussen. Zugleich gibt es jedoch keinerlei Reputationsgewinne für die Autoren -
bis auf sehr wenige Ausnahmen erfolgt die Arbeit unentgeltlich und auch ohne jegliche
Namenszuordnung von Textbeiträgen - es ist bis heute nichtmal ein funktionierendes Tool
der unkomplizierten Autorenbestimmung vorhanden, wie dies regelmässig vor allem von echten
Autoren gefordert wird. Ich sehe es deshalb als dringend notwendig an, dass die
Entwicklung eines Tools zur Autorenbestimmung vorangetrieben wird (am ehesten durch die
Vergabe eines Programmierauftrags aufbauend auf Wikitrust und Wikihistory); zudem sollten
die Konsequenzen, die Akzeptanz und Realisierung für die Ausschüttung von METIS-Zahlungen
geprüft werden (Vorschlag AK).
Und wirklich abschliessend: Der Hauptbeitrag zur Steigerung der Qualität ist in meinen
Augen der bodenständigste: In der Wikipedia weiterhin mitmachen, Artikel schreiben,
Diskussionen begleiten, Reviews machen und immer ein gutes Netzwerk von Autoren pflegen -
innerhalb der Community aktiv bleiben, damit man Wege, Ziele und Bedürfnisse nicht vor
lauter Strategieplanung etc. aus den Augen verliert. Ich werde entsprechend auch beim
anlaufenden Schreibwettbewerb teilnehmen (Thema Hammerhaie) und auch in Zukunft -
unabhängig von dem Ergebnis dieser Bewerbung vornehmlich Autor der Wikipedia sein.
== Sonstiges==
Nach den sehr ausführlichen und langen Darstellungen nun noch ein wenig formaler
Abschluss:
Gefordert wird:
* Qualitätsbewusstsein für Inhalte der Wikimedia-Projekte, z.B. als
Autor ausgezeichneter Artikel - ausgeführt: Autor einer 3-stellugen Anzahl ausgezeichneter
Artikel, zahlreiche zusätzliche Artikelarbeit
* Beteiligung an Reviews oder Diskussionen um Auszeichnungen von Texten
und Bildern - ausgeführt
* Erfahrung im ehrenamtlichen Engagement innerhalb oder außerhalb der
Wikimedia-Projekte - Wikimedia ausgeführt; ansonsten studentischer Vertreter im
Fachbereichsrat, Fachschaftsinitiative, StuPa-Mitglied FU Berlin etc.,
Habilitationskommissionen usw., Bezirkselternausschuss Friedrichshain,
Landeselternausschuß Kita Berlin
* Kenntnis wissenschaftlicher Arbeitsmethoden und qualitätsfördernder
Maßnahmen in der Wikipedia - ausgeführt; wissenschaftliche Arbeitsmethoden zudem im
Studium, als Mitarbeiter der Pressestelle des Deutschen Humangenomprojekts (DHGP), als
Mitarbeiter des nova-Institut bei der Erarbeitung verschiedener Studien im Bereich
nachwachsender Rohstoffe
* Bewusstsein für den hohen Stellenwert, den die Qualität der
Wikimedia-Projekte in der Außenwahrnehmung darstellt - dargestellt
* Bereitschaft, die strategische Ausrichtung des Vereins mitzugestalten - vorhanden
* Freude und Fähigkeit mittel- und langfristig zu planen - bedingt vorhanden, solang
Bodenständigkeit nicht auf der Strecke bleibt
* Kommunikationsfähigkeit und Entscheidungsfähigkeit - weitestgehend vorhanden
* Ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder vergleichbare Qualifikation - Abschlüsse:
Facharbeiter Physiklaborant, Hochschuldiplom Biologie, Volontariatsabschluss
Verlagsredaktion
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Ich hoffe, diese Darstellung gibt einen kleinen Einblick in meine Vorstellung zur
Bewältigung meiner nun anstehenden Aufgaben als Vorstandsreferent im Ressort Qualität -
für Fragen stehe ich gern zur Verfügung, ebenso wie für Anregungen, Ideen etc. zur
Gestaltung meines Ressorts und meiner Aufgaben.
Mit lieben Grüßen,
Achim Raschka
Vorstandsreferent Ressort Qualität
des Wikimedia Deutschland e.V.
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