Am Freitag 16 Dezember 2005 19:01, schrieb Thomas Hochstein:
Staatssicherheitsdienst der DDR wäre nach einem Traum von diesen
nun beschlossenen Möglichkeiten am nächsten Tag mit feuchter Hose
aufgewacht.
Der Sinn dieses Vergleichs erschließt sich mir nicht. Du meinst,
dieser Beschluss geht in rechtlicher (!) Hinsicht weiter als das, was
dem Staatssicherheitsdienst der DDR erlaubt war? (Oder nimmst Du an,
daß sich selbiger in Zeiten des breit genutzten Internet weiter nur
auf Sprachtelefonie beschränkt hätte?)
Nein, der Beschluss geht rechtlich nicht weiter, er setzt uns nur in die
Situation, dass wir diese rechtliche Situation nun wieder haben.
Dieser, von der Bundesregierung eifrig mit vorangetriebene Beschluss
bringt uns genau die Situation, die letztlich zu einer Behörde führte,
welche als einzige Aufgabe die Aufarbeitung der StaSi-Vergangenheit hat
- eine Behörde, zu der man gehen kann und staunend die eigene Akte in
Empfang nehmen kann. Die Empörung in der Politik und der Gesellschaft
war groß, wie doll doch die StaSi bespitzelte, noch heute ist es nicht
möglich, einen Job im öffentlichen Dienst zu erhalten, wenn man diesem
Staatsorgan der DDR Hauptamtlich oder Nebenberuflich Informationen gab.
Exakt diese Form der Bespitzelung soll nun jedoch gleich Europaweit
durchgesetzt werden.
Ich denke schon, dass der Vergleich passend ist, er illustiert recht
gut, wie nahe wir innenpolitisch an die DDR herangerückt sind.
Damals wurden
nur alle Gespräche ins Ausland direkt von
einer Person mitgehört und bei Bedarf unterbrochen - ein recht
hoher personeller Aufwand, der sich nur stemmen ließ, indem
entsprechende Leitungen angemeldet werden mussten und Stunden
später zugeteilt wurden (es sei denn man rief vom Flughafen aus an,
wo ein Operator direkt daneben saß und die Leitung frei schaltete).
Der Zusammenhang zwischen der *Überwachung* der
Kommunikations*inhalte* und der *Speicherung* der *Verbindungsdaten*
muß mir irgendwie verloren gehen.
Überwachen kann ich nur Verbindungen, von denen ich weiß, dass sie
existieren oder wahrscheinlich existieren werden. Ich brauche also ein
möglichst umfassendes Kommunikationsprofil um überwachen zu können ...
oder eine genügend kleine Menge an Verbindungen. Letzteres sind heute
wie vor 20 Jahren die Auslandsverbindungen, ein bisschen Surfen wird
Dich über die heutige Überwachungsquote der Auslandsverbindungen
unterrichten. Wären die technischen Möglichkeiten vor 20 Jahren die von
heute gewesen, so wäre eine solche gesetzliche Regelung, wie sie nun
beschlossen wurde, in der DDR z.B. schon Normalität gewesen.
bekommen, ein
solches *wirklich* vollständiges Profil von jedem
beliebigen Büger der EU fertigen zu können - und zwar mindestens 6
Monate rückwirkend.
Oh. Bisher wurden Einzelgesprächsnachweise für Sprachtelefonie nicht
erstellt? Oder ist das Problem, daß das idR 3 Monate waren, nicht 6
oder 24? Oder ist das Problem, daß das in Ordnung war, solange es nur
Sprachtelefonie gab, aber bezugnehmend auf Datenkommunikation der
große Untergang der Freiheit ist?
Du redest sicher von der Möglichkeit, die Speicherung der
Verbindungsdaten über die direkte Abrechnung hinaus zu unterbinden (mit
einem einfachen Kreuzchen auf einem Formular) und damit keine
technische Möglichkeit der Nchvollziehbarkeit von Telefonaten zu haben
- auch nicht bei Rechnungsunstimmigkeiten? Du redest sicher von dem
ehemals kostenpflichtigen (weil eigentlich nicht gewollten) und dann
gesetzlich kostenfrei gestellten Service (musste man früher mal
bestellen und bekommt man nun wegen Kostenfreiheit default), einen
Einzelverbindungsnachweis zu bekommen.
Ja, die Daten werden im Falle, dass man eine Löschung wünscht, sofort
gelöscht, nachdem die Verbindung beendet und das Buchungskonto
entsprechend belastet ist.
Freiheit hört
einfach da auf, wo man eine mögliche Beobachtung
durch einen gesetzlich legitimierten Staat in die eigenen
Handlungen einbeziehen muss -
Das muß man jetzt schon und mußte man immer.
Dass dies nicht so sein soll hatte das Bundesverfassungsgericht erkannt
und das sog. Volkszählungsurteil erlassen. Eine permanente Überwachung
aller findet derzeit nicht statt, in einer mehr und mehr zur
Kommunikationsgesellschaft werdenden Struktur ist jedoch die
vorsorgliche Speicherung des nach Bedarf auch Monate später
analysierbaren Kommunikationsverhaltens genau eine solche
Komplettüberwachung. Es wird nötig, dass ich mir Gedanken darüber
machen muss, was ein Telefonteilnehmer, den ich heute anrufe, oder der
mich heute anruft, in einem Zeitraum von bis zu 2 Jahren
(Maximalspeicherfrist) vor hat. Sollte der nen Rappel kriegen und
Bomben schmeißen wollen, so wird dieses Telefonat dafür sorgen, dass
ich in die Ermittlungen einbezogen werde. Soviel zur
Sprachkommunikation ... aber es gibt ja noch eMail und dergleichen.
Neu ist ja nicht die
Möglichkeit der Abfrage von Verbindungsdaten oder gar des Abhörens
von Inhalten, sondern nur, daß eine solche für einen möglicherweise
längere Zeitraum auch da *vorgeschrieben* wird, wo sie bisher nicht
gebräuchlich war.
Ja, genau das ist der Unterschied zwischen Überwachung und Service.
Einen Service kann ich bestellen oder abbestellen, ein Gestez nicht.
> Die eigenen
> Handlungen werden schlicht andere sein, als ohne eine solche
> Beobachtung, deren Ergebnis man noch nicht mal kennt, da ja die
Das heißt, weil meine Telefonverbindungen jetzt statt
80 Tagen sechs
Monate oder länger gespeichert werden, bin ich in meinen
Freiheitsrechten eingeschränkt?
Ja, denn Du kannst die Speicherung dieser Daten derzeit unterbinden
indem Du ein Kreuzchen auf einem Formular Deines
Telekommunikationsanbieters tätigst - später geht das nicht mehr, und
die Auswertung dieser Daten wird zusammen mit Deinen sonstigen
Surfgewohnheiten usw. verbunden.
Oder ist der Grund dafür, daß die
Zuweisung der von mir genutzten dynamischen IP jetzt nicht nur bei
den meisten, sondern bei allen Anbietern vorgenommen werden muß, und
das ebenfalls für längere Zeit? Oder sind es die Maillogs, die jetzt
länger vorgehalten werden müssen? *grübel*
Es ist die Dynamische IP, die bisher nicht gespeichert werden muss, und
bei Flatrates eigentlich auch nicht gespeichert werden darf (wenn man
das TKG mal wörtlich liest ... entsprechende Verfahren laufen ja). Wenn
man diese nicht gespeichert habe möchte, so kann man das derzeit
durchsetzen.
Es sind die Maillogs, die nur gespeichert werden dürfen, wenn sie zu
Abrechnungszwecken gebraucht werden, und die anschließend zu löschen
sind (wieder: siehe TKG).
Es sind die Webserverlogs, die derzeit eigentlich nur anonymisiert
gespeichert werden dürften (eben ohne IP-Adresse) um zu
Abrechnungszwecken eine Trafficanalyse durchzuführen. Kunden sollten
Ihren Providern auf die Finger klopfen, wenn diese umfangreichere Logs
erstellen ... ist nämlich gesetzwidrig (TKG).
Diese
Überlegung dürfte auch jene treiben, die sofort nach diesem
Beschluss den Gang zu diversen Gerichten ankündigten. Es ist eben
nicht der Anfang vom Ende sondern schlicht die vollzogene
Abschaffung freiheitlicher Staatsgrundsätze.
Ach so. Na dann.
Ja. Nennt man "Rechtsstaat".
... achja ...
Post ... tja, da haben wir StampIT, tolle Sache, aber
warum werden in dem Klötzchencode Absender und Empfänger nebst
Datum codiert? Sicherheit? Glaub ich nicht, das Problem "Fälschung"
haben wir bei elektronisch erzeugten und lesbaren Daten schon
anders gelöst.
Die Post wird sicherlich Deinen Vorschlag, wie ohne Kodierung von
Absender und Empfänger (und Datum) verhindert werden soll, daß ich
denselben Klötzchencode statt für einen Brief für 100 oder 1000
verwende, gerne entgegennehmen. Vielleicht bin ich ja nur zu
beschränkt, um die offensichtliche Lösung zu sehen. :)
... vielleicht hast Du nur nicht nachgedacht.
(Alle bereits einmal aufgetretenen Codes bundesweit zu
speichern und
abzugleichen, um Reuse zu verhindern, dürfte die gesuchte Lösung
nicht sein.)
Stimmt, man muss nur die Codes des letzten Tages speichern, da
ausschließlich das Datum codiert werden muss. Diese Codes sind nur an
dem Tag gültig, an dem sie erzeugt wurden - man muss derzeit bei
StampIt (wie auch bei mechanischen Frankiermaschinen) den Brief am
selben Tag im Kasten versenken, an dem man ihn erzeugte - wenn der
Brief ankommt, ist der Code schon ungültig, wird ja auch nur beim
ersten Verteilzentrum zur Frankaturprüfung benötigt.
Eine andere, sehr gern genutzte Möglichkeit sind TAN-Listen. Jede
Transaktionsnummer ist genau ein mal gültig und wird nach der ersten
Nutzung als ungültig markiert. Jede, nicht in der Liste aller gültigen
Transaktionsnummern stehende Nummer, ist ungültig. Die Liste der
aktuell gültigen Transaktionsnummern kann kurz gehalten werden, da bei
Bedarf neue erzeugt werden. Transaktionsnummern dürfen sich nicht
wiederholen, die minimale Anzahl von Ziffernstellen für ca. 100 Jahre
kannst Du anhand des Briefaufkommens der Post zuzüglich einiger Stellen
für Redundanz gern nachrechnen, sie sollte jedoch gut und gern in den
verwendeten Klötzchencode passen. Die Verschlüsselung kann gern über
ein asymmetrisches Verfahren unter Beigabe von mitverschlüsseltem
Random geschehen.
Nach kurzem Nachdenken könnte ich Dir nun noch ca. 2 bis 3 andere Wege
einer anonymen Einmaltoken-Vergabe vorstellen ... mach ich aber nicht.
Absender und Empfänger sind in diesem Code jedoch völlig überflüssig,
man kann aber vollautomatisch prima Kommunikationsprofile erstellen. Ob
es jemanden gibt, der gern mal alle Kunden der $VERSICHERUNG$ Abt.
Lebensversicherungen sowie der bekannten
Herzchirurgen/AIDS-Kliniken/Krebs-Kliniken wissen würde? Könnte man
sicher günstig Lebensversicherungen mit naher Todeswahrscheinlichkeit
gegen verhältnismäßig geringes Bargeld kaufen. Die Post wird also nicht
interessiert dran sein, dass Briefe anonym transportiert werden,
Kommunikationsprofile lassen sich besser verkaufen als einfach nur
Adressen.
Auch toll sind Rasterfahndungen nach Leuten, die sich total normal
verhalten (z.B. Briefe schreiben), damit also verdächtig sind
(Begründung für die letzte bundesweite Rasterfahndung). Natürlich
wecken solche Profile die Begehrlichkeiten des Staates.
Tja ... und WikiPedia schließt IP-Adressen von Anonymisierungsproxies
großenteils aus. Schade eigentlich.
-thh
CU/2 Hartwin
--
.________________________________________________________________.
| mailto:harko@harko.in-berlin.de |
| klickto:http://www.wikireader.de/ |
------------------------o funkto:
0177-2406413 |
| 1024DSA / ID: 0x5721E2B5 \_____________________________________|
| Fingerprint: 5D66 EEED E038 ACA0 D8EE 1FA8 3509 6615 5721 E2B5 |
\______________________________________________________________/